Antigonish, Nova Scotia – Treibsand auf kanadisch oder gefangen in der Schlammlawine

Gleich nach dem Frühstück gehen wir zur Weinprobe über, da das Personal jetzt eingetroffen ist. Schade nur, dass wir das meiste wegschütten müssen, wir wollen ja noch fahren. Aber die eine oder andere Flasche findet ihren Platz in unserem begrenzten Stauraum.

Wir fahren durch Wolfville, eine wohlhabende Kleinstadt mit herrschaftlichen (Holz-)Villen und gepflegten Gärten. Ich kann regelrecht spüren, wie hier ein Nachbar beobachtet, was der andere tut und ob auch alles seinen ordentlichen, geregelten Gang geht.

Von der Westküste Nova Scotias fahren wir quer zur Ostküste hinüber. Bei J. Willy Krauch & Sons in Tangier kaufen wir köstlichen Räucherlachs und geräucherte Makrelen. Krauch ist aus Dänemark eingewandert, seine Vorväter sind aber Deutsche, erzählt uns die nette Verkäuferin. Schon die britische Königin Elisabeth II hatte sich von Krauch Smoked Salmon schicken lassen.

Heute Morgen noch hatten wir bei 26° im T-Shirt Wein gekauft, jetzt schüttet es bei 11° wie aus Eimern. Über den Trans-Canada-Highway fahren wir über Antigonish ans Nordufer. Die Landschaft erinnert hier an das Allgäu. Im Hintergrund zeichnet sich eine Bergkette ab, im Vordergrund führt die Straße über sanfte Hügel mit Wäldern und Wiesen, auf denen zur Abwechslung auch mal Kühe stehen. Der Mangel an Rindern mag die hohen Preise für Milchprodukte erklären. Zwei Liter Milch kosten 4 – 5 c$, einen Liter muss man mit 3 – 4 c$ bezahlen. Von Joghurt oder Käse ganz zu schweigen. Andererseits ist Rindfleisch nicht übermäßig teuer.

Wir finden einen einsamen Strand zum übernachten, ein Traumplatz. Im Sonnenuntergang gehen wir spazieren. Ein Schild an einem Baum am Rand des Strandes erregt meine Aufmerksamkeit. Oft sind Verhaltensregeln drauf, also gehe ich näher, um es zu lesen. Der Boden sieht auf den ersten Blick genau so aus wie der Rest, also stapfe ich nichtsahnend näher. Im nächsten Moment schon stecke ich bis über die Knöchel tief im Schlamm. Ich kann keinen der beiden Füße herausziehen, im Gegenteil, ich sinke immer tiefer. Zu allem Unglück bin ich eine kleine Steigung hoch gelaufen, sodass ich jetzt langsam im Zeitlupentempo nach hinten kippe. Kurz bevor auch mein Allerwertester den Schlamm berührt, eilt Jörg herbei um mich abzustützen. Er wiederum findet das alles recht lustig und möchte erst mal Bilder machen. Ich kann dieser Idee nur wenig Sympathisches abgewinnen und wir einigen uns darauf, mich erst einmal zu retten und dann zu fotografieren. Mit viel Mühe und Jörgs Hilfe schaffe ich es, nacheinander beide Füße inklusive der daran befestigten Schuhe herauszuziehen.  Glücklicherweise hatte ich die Stiefel vorher fest zugebunden. Allerdings sind sie jetzt zusammen mit Socken und Hosen komplett mit rotem Lehm überzogen, der Modder ist mir bis in die Boots hinein gequollen. Ich frage mich, wie man an einer solch intelligenten Stelle ein Hinweisschild anbringen kann, aber vermutlich hatte der vorangegangene Starkregen gerade die kleine Schlammlawine aus dem Wald gespült.

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