Corner Brook, Neufundland – Wäschequirl mit nettem Anhang

Der natürlich gewachsene Wald ist hier so dicht, dass man nicht einmal hindurch laufen kann. Alle paar Zentimeter steht ein Baum, und dazwischen noch Unterholz. Wie die voluminösen Elche sich hier bewegen können ist mir ein Rätsel, vermutlich bahnen sie sich ihren Weg mit brachialer Gewalt. In einer Bucht ducken sich Tannen, Fichten und Birken vom Wind weg, dass sie zu einer einzigen schiefen Ebene verschmelzen. Große Bäume gibt es kaum – der Sommer ist zu kurz, das Klima zu rau.

Bäume und Unterholz werden ein paar Meter beidseits des Highways zurückgeschnitten, um das Wild von der Straße zu halten bzw. dem Autofahrer eine Chance zu geben, es rechtzeitig zu erkennen. Gerade fragen wir uns mit welcher Art Gerät man das bewerkstelligen könne, da sehen wir sie: fahrende Arbeitsmaschinen mit einem Kranausleger, an dessen Ende eine Art riesiger Winkelschleifer den Wald einfach abrasiert.

Am Straßenrand hackt ein Rabe in aller Seelenruhe einen Müllsack auf, der dort für die Müllabfuhr bereitgestellt worden ist, und pickt sich Essensreste heraus. Dann ein Elch. Das Verhältnis Einwohner zu Elchen soll 5:1 betragen, aber die Population der erst Anfang des letzten Jahrhunderts ausgesetzten Tiere wächst schnell. Am Cape St. George, leidet der angeblich atemberaubende Ausblick etwas unter dem dichten Nebel.

Die meisten Häuser haben raumhohe Fenster, die den Blick zur Seeseite hin öffnen. Zur anderen Seite kommt oft völlig unerwartet eine Tür in 3 m Höhe mitten in der Wand heraus. Es wirkt so, als hätte man etwas vergessen: eine Treppe vielleicht, oder auch eine Terrasse. Möglicherweise ist es aber eine Art Schwiegermuttertür, aus der man ungeliebte Gäste herauskomplimentiert. Wir kennen schließlich die hiesigen Sitten nicht, werden aber vorsichtig sein.

Im Einkaufszentrum von Corner Brook, der letzten größeren Stadt, laufen wir in den falschen Supermarkt. Der Wal Mart ist riesig und hat alles – außer Lebensmittel. Naja, ein paar. Es gibt günstiges Dosengemüse, aber keinerlei Frischwaren. Wir hatten schon gehört, dass Wal Mart in Kanada enttäuschend ist. Ersatz für meine in der Schlammlawine ruinierten Boots bekomme ich trotzdem nicht. Für Frauen gibt es hier nur Pumps. Ideal in diesem Gelände.

Anschließend suchen wir einen Waschsalon. Was wir finden ist ein sehr nettes Paar, das uns T-Shirts und Kappen, Kaffee, Bier und Softeis schenkt. Dazu dürfen wir Carmelitas und Johns Internetanschluss und ihren Stellplatz für die Nacht nutzen und stundenlang mit ihnen plaudern. Waschmaschinen sind in Nordamerika nicht die gleichen wie zu Hause. Die Oberlader sind nur halbautomatisch und haben schlichte sich radial drehende Trommeln, in die man Waschmittel, Wäsche, Bleiche und Weichspüler in der richtigen Reihenfolge und zum richtigen Zeitpunkt einfüllen muss. Zumindest läuft das Wasser automatisch zu und ab und einen Schleudergang gibt es auch. Der Temperaturwahlschalter kalt-warm-heiß bezieht sich lediglich auf die Temperatur des aus der Leitung zulaufenden Wassers. Eine Heizung besitzt der Wäschequirl nicht. Nach einer halben Stunde ist das Spektakel schon vorbei. Wer meint, mit dem Waschergebnis nicht zufrieden zu sein, muss das Ganze wiederholen. Die Trockner dagegen scheinen leistungsfähig zu sein, was sich auch an der mehrere Zentimeter dicken Flusenschicht ablesen lässt, die nach dem Trockenvorgang im Sieb hängt. Die Wäschestücke werden vermutlich in gleichem Maße dünner.

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