Fähre Labrador – Slalomfahrt um Eisberge

Sonnenschein, Schneetreiben und Regenschauer bilden heute einen wilden Wechsel. Die Fähre von St. Barbe, Neufundland nach Labrador (Fährhafen ist Blanc Sablon, Québec) braucht nur eineinhalb Stunden, aber am Ende der Fahrt muss sie einen Slalom um die Eisberge einlegen. Normalerweise verkehrt die Fähre zwischen Januar und März wegen des Eises nicht, doch in diesem Winter war die Strait of Belle Isle zum ersten Mal nicht vom Eis blockiert gewesen.

Ich glaube, das Bekleidungssystem jetzt durchschaut zu haben: Bei Temperaturen über dem Gefrierpunkt sind T-Shirt oder Bermudashorts und/oder Zehenschlappen ohne Socken geeignete, der milden Witterung angepasste Kleidungsstücke – während ich meine neu erstandene, mit goldenem Elch bestickte Wollmütze made in China nicht mehr absetze.

Was uns als erstes auffällt sind die extrem ordentlichen Häuser, alles picobello sauber, rechtwinklig, organisiert. Die Landschaft auf dem Festland ist anders. Die Berge sind höher, die Ausblicke weiter, die Bäume noch niedriger. Dafür gibt es Moose und Flechten, Gräser und Sträucher. Eine grandiose, urtümliche, unberührte und mit Schneeflecken gesprenkelte Landschaft.

Wir überqueren den Pinware River. Um etliche Kurven schießt der breite Fluss ein beachtliches Gefälle mit enormer Geschwindigkeit hinunter. Das Wasser wirkt schwarz, tausende von Schaumstrudeln schimmern braun. Rafting wäre hier die reine Freude – für Fortgeschrittene.

Nach genau 78 km endet die Asphaltstraße in diesem Teil des Kontinents. Die nachfolgende Schotterpiste ist gut befahrbar. Hat man keinen Allradantrieb sollte man sich jedoch vorab über den Straßenzustand informieren, der je nach Wetterverhältnissen schwanken kann. Auf 300 m Höhe entdecken wir einen völlig zugefrorenen See. Schwarzes und rotes Gestein bildet einen Kontrast zu den unterschiedlichsten Grüntönen, blauen Flüssen und Seen und immer wieder weißem Schnee. Es ist eine enorme Leistung, diese Schotterpiste mitten durch den Sumpf gebaut zu haben. Leider kommt man nicht runter von der Piste, sie ist zu hoch und Rastplätze eher rar. Bei der Straßenmeisterei Chateau Pond fragen wir, ob wir unseren Wagen über Nacht abstellen dürfen. Kein Problem. Wir besichtigen die Werkstatt mit riesigen Schneepflügen und –fräsen. Vor ein paar Minuten waren wir durch eine 5 m hohe Schneewehe gefahren, im Winter soll sie bis zu 18 m hoch sein. -35° seien keine Seltenheit, mit Wind entspräche das einer gefühlten Temperatur bis -65°. Wir trinken ein Bier mit den beiden Mechanikern, die hier Dienst leisten. Im Gegenzug bekommen wir eine ganze Tüte Steinkrabben geschenkt, die wir uns in den nächsten Tagen kochen wollen. Unterdessen rieselt der Schnee unaufhörlich weiter.

Leave a Reply

You must be logged in to post a comment.