Ottawa, Ontario – Wal-Mart oder Vorstadtfamilie?

Die Stromschnellen am Zusammenfluss von Ottawa und St. Lawrence River beendeten 1535 Jaques Cartiers Expedition ins Binnenland Kanadas im heutigen Montréal. Der Entdecker des St.-Lorenz-Stroms kämpfte mit der geringen Wassertiefe, während die Indianer in ihren Kanus schon seinerzeit die Hürde überwanden. Nach dem Bau des ersten Kanals 1826 wurde 1959 eine zweite Umgehung der Stromschnellen für Ozeandampfer fertig gestellt. Damit ist der St.-Lorenz-Strom durchgehend vom Atlantik bis in die großen Seen befahrbar und Montréal wurde – 1600 km vom Meer entfernt – zu einem der weltgrößten Binnenhäfen.

Wir überfahren die Grenze zu Ontario und erreichen am Nachmittag Ottawa. Im Supermarkt am Stadtrand registrieren wir erfreut, dass die Preise zum ersten Mal gemäßigter sind, wenn auch nach wie vor weit über deutschem Standard. Ontario liegt zentraler und hat daher geringere Transportkosten als der Osten, außerdem niedrigere Steuern, was sich ab Juli ändern soll. In Kanada legt jede Provinz ihre Verkaufssteuern individuell fest.

Kanadas Hauptstadt bietet so gut wie keine Parkmöglichkeiten für Wohnmobile, so klein sie auch sein mögen. Wir beschließen, zum ersten Mal bei Wal-Mart zu übernachten. Die große Supermarktkette bietet Campern in ganz Nordamerika die Möglichkeit, kostenlos auf deren Parkplätzen zu nächtigen. Sie erhoffen sich im Gegenzug, dass man dort einkauft – was meist zutrifft. Sollte das nächtliche Parken an einem Markt nicht erwünscht oder erlaubt sein, wird im Regelfall per Schild darauf hingewiesen. Kein Zeichen weist uns beim 24-Stunden-Supermarkt ab, so richten wir uns zwischen ein- und ausparkenden Autos und zwecks Wochenendeinkaufs hektisch wuselnden Menschen gemütlich ein. Die Ruhe währt nicht lange. Zwar waren auch die Menschen in Québec freundlich, offen und neugierig und bewunderten unseren Truck, aber wir wurden seltener angesprochen. Was an sprachlichen Unsicherheiten liegen mag, schließlich geht man nicht automatisch davon aus, dass Reisende in einem deutschen Fahrzeug französisch sprechen, aber auch an der etwas zurückhaltenderen frankokanadischen Mentalität. Auf dem Parkplatz vor einem Einkaufszentrum Ottawas dagegen sind wir die Attraktion. Dutzende Leute sprechen uns an. Arminius ist eine Art Kommunikationsverstärker. Bis Dan und Myra beschließen, uns zu adoptieren und nach Hause zu nehmen. Also tschüs Wal-Mart, wir fahren dann doch lieber in die Vorstadt auf das Gartengrundstück, zu Tochter Megan, dem energetischen Boxerteenager Daisy, Kater Sylvester sowie einer weitere Katze die ich nicht kennengelernt habe, zu Pasta, Bier und Lagerfeuer. Welch hartes Leben.

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