Lake Louise, Banff NP, Alberta und Field, Yoho NP, British Columbia – Blaugrüner Postkartenkitsch und Spiralbahntunnel

Auf dem Parkareal am Lake Louise Infocenter treffen wir endlich auch mal deutsche Weltreisende. Claudia und Uwe aus Franken touren mit ihrem Mercedes Wohnmobil durch Amerika und wollen anschließend nach Australien. Wir hoffen, sie irgendwann auf unserer Tour wieder zu sehen. Unsere erste Halbtageswanderung auf 2000 m Höhe geht zunächst an den Moraine Lake der so was von künstlich quietschtürkis aussieht als hätte jemand einen Farbpott hineingekippt. Die Fichten außen herum und die zehn schneebedeckten 3000er Gipfel darüber machen das Postkartenkitschfoto perfekt. Der Weg geht weiter bis zu den Consolation Lakes. Er ist berühmt-berüchtigt dafür, dass Grizzlybärenmamas ihre Grizzlybärenbabys hier groß ziehen. Erschreckend viele Erdbeerpflanzen bewachsen die Wiesen. Und nicht etwa die winzig-kleinen Walderdbeeren; große Sträucher mit Blüten wie Zuchterdbeeren lassen auf entsprechend große Früchte schließen. Ganz besonders viele befinden sich am Wegrand. Da Bären Beeren mögen, bin ich froh, dass es noch ein wenig dauert, bis sie reif sind. Hier wimmelt es nur so von diversen Erdhörnchenarten wie den kleinen Chipmunks, die bereits für sich die Entdeckung gemacht haben, dass Touristenrucksäcke interessante teils essbare Dinge bergen können. Ein paar possierliche eisgraue Murmeltiere lassen uns zum fotografieren bis auf Sicherheitsabstand ran. Die kurzbeinigen Hörnchen werden bis zu 11 kg schwer, haben an Schultern und Rücken graues, am Schwanz rötliches Fell und einen weißen Fleck um die Schnauze. In Gebieten, die regelmäßig von Menschen aufgesucht werden, sind sie kaum scheu, sondern gehen unbeirrt ihren Tätigkeiten nach.

Wir beschließen, noch einem weiteren Nationalpark in dieser Parkkette einen Besuch abzustatten. Wenige Kilometer nach Lake Louise heißen uns Schilder im Yoho Nationalpark und in British Columbia willkommen. Yoho bedeutet in der Sprache der Cree „Ehrfurcht und Staunen“. Mit British Columbia hätten wir schon mal alle zehn Provinzen Kanadas betreten. Wie überall fällt auch auf dem Trans Canada Highway auf, dass der Lkw Verkehr sich sehr in Grenzen hält. Zum einen liegt das sicher daran, dass im zweitgrößten Land der Erde nur 33 Millionen Menschen leben. Was soll man da unnötig herumfahren? Zum anderen wird unglaublich viel per Schiene transportiert. Ständig fahren hupende Güterzüge, die das Wild verscheuchen wollen. Auf jedem Waggon stehen zwei kleine und ein großer Überseecontainer darüber, wenn es sich nicht um Schüttgut- oder Tankwaggons handelt. In Yoho führt gleich neben dem TCH die Bahnlinie durch die Spiral Tunnels. Im sehr engen Tal stellte sich die ursprüngliche Trassenführung als zu steil heraus, viele Waggons entgleisten. Bereits 1909 wurden am Kicking Horse Pass daher zwei spiralförmige Tunnel in den Berg gesprengt, um die Steigung von 4,5 auf 2,2 % zu reduzieren. Da kanadische Güterzüge meist extrem lang sind und weit über 100 Waggons ziehen, sieht man die Loks, in der Regel drei bis vier, bereits aus dem Tunnel ausfahren, während die letzten Waggons noch nicht einmal hinein gefahren sind.

Vor der Ortschaft Field im Yoho Park drehen wir wie die Profis eine Runde über den Monarch Campground, suchen uns einen Stellplatz aus, registrieren uns und reservieren ihn, bevor wir weiterfahren zu den Takakkaw Falls. Die 254 m hohen Wasserfälle gehören zu den höchsten Kanadas. Besonders interessant ist, dass die Fälle ausschließlich von dem wenig oberhalb liegenden Daly Gletscher gespeist werden. Entsprechend ändert sich Takakkaw, was in der Cree-Sprache „wunderbar“ bedeutet, im Laufe des Jahres. Mit einsetzender Schneeschmelze im Frühsommer rast die größte Wassermenge den Abhang hinunter. Im Spätherbst werden die Fälle spärlicher. Das Restwasser friert schließlich im Winter ein, bis der Gletscher für das nächste Jahr neue Schneemassen sammelt. Die Takakkaw fälle münden in den Yoho River. Die Mengen von Gletscherschlamm, die er mit sich führt, verleihen ihm eine eigentümliche milchig-undurchsichtige hellgraue Farbe wie flüssiger Beton. Erst später, wenn sich das Steinmehl abgelagert hat, werden die gelösten Mineralien vielleicht einen See blaugrün einfärben. Die Parkverwaltung hat zwei geschickte Wege anlegen lassen: ein Aussichtspunkt mit Überblick über den gesamten Wasserfall und einen Pfad an den Fuß der Fälle, wo man sich herrlich nass spritzen lassen kann.

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