Inuvik, Dempster Hwy, North West Territories – Noch mehr Grizzlys

Die schneeweiße Iglukirche ist die bekannteste Sehenswürdigkeit der Stadt. Die Our Lady of Victory Church wurde von 1958 bis 1960 gebaut, um die Kultur und Besonderheiten des hohen Nordens wiederzuspiegeln. Die katholische Kirche war das erste Gebäude in Igluform, das nicht aus Schnee gebaut worden war. Da man sie nicht auf Stelzen setzen konnte, schaffte man ein tiefes Schotterbett, in das man eine „Betonschüssel“ eingoss. Das runde Holzgebäude sitzt nur auf den Rändern der Schüssel auf und besitzt eine Doppelwand, in deren Zwischenraum die kalte Luft aus dem Schüsselboden zirkulieren und nach oben abgeleitet werden kann. Die Führungen in der Kirche, bei denen man bis ins Dach steigen kann, lohnen sich. Schwester Maryjo erklärt, dass auch das neue Krankenhaus nicht auf Pfeilern gebaut wurde, sondern ein von Solarpaneelen gestütztes Kühlsystem im Boden besitzt, um ihn gleichmäßig gefroren zu halten. Die Nonne verrät uns auch einen Witz, den sie Kindern gerne erzählt: Um in Inuvik einen Weihnachtsbaum zu erhalten, muss man zwei Bäume fällen, und die Nadeln des einen an den anderen mit ankleben. Nur ein Witz?

In der Town Hall trägt man sich ins Gästebuch der Stadt ein und bekommt dafür Pin und Aufnäher der Stadt als Andenken. Weiteres beliebtes Souvenir sind die Autokennzeichen in Eisbärenform der Nord-West-Territorien, die man nicht heimlich abschrauben muss, sondern in Buchläden kaufen kann.

Wir treten den Rückweg an, da der Dempster Highway wieder einspurig befahrbar ist. Der nördliche Teil der Strecke besitzt keine Brücken – architektonisch vermutlich kaum zu realisieren. Bäche werden mit Schotter aufgefüllt und das Wasser durch eine oder mehrere dicke Röhren hindurchgeleitet. Die Kabelfähre ist schon in der Mitte des Flusses, als sie den Rückwärtsgang einlegt, bevor sie erneut zum Überqueren des Flusses ansetzt. Ein kompletter Baum kommt angeschwommen und droht gegen die Fähre zu donnern. Später werden wir erfahren, dass nur zehn Minuten nach uns der Fährbetrieb wegen im Wasser treibenden Baumstämmen bis zum nächsten Morgen eingestellt und die Straße damit erneut gesperrt worden ist. Welch ein Glück wir haben!

Der Dempster Highway führt durch absolut unberührte, menschenleere Natur – ein Tierparadies. Dennoch sind Tiere schwer zu beobachten, da sie scheu und nicht an Zivilisation gewöhnt sind. Wir sollen heute wieder einmal Glück haben: Zahllose Karibus kreuzen unseren Weg, ein Polarfuchs und ein Baummarder. Ein tiefdunkler Grizzlybär mit schon reichlich vorhandenem Winterspeck tut sich an den Beerenfeldern neben der Straße gütlich. Als wir uns am Polarkreisparkplatz für die Nacht einrichten, leuchtet tief unten im Tal das Fell eines weiteren, blonden Grizzlys im Sonnenlicht auf. Über Stunden können wir die Fressmaschine beobachten, wie sie die süßen Früchte nur so in sich hineinschaufelt. Bis zu 40.000 kcal pro Tag sollen es sein. Ich beschließe, heute keine Beeren ernten zu wollen und sie großzügig den Bären zu überlassen, die haben sie schließlich für ihren Winterschlaf nötiger als ich. Bis halb zwei Uhr morgens sitzen wir im Sonnenschein. Was für eine Nacht!

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