Dempster Hwy + Dawson City, Yukon – Reifenwechsel am Dempster und Landschaftsmord in Dawson

Das Wohnmobil steht mit Warnblinklicht am Straßenrand. Zwei Jungs stehen ein wenig ratlos vor ihrem geplatzten Hinterreifen, der sich schon von der Felge gelöst hat. Es sind zwei Kanadier mit einem geliehenen Pick-up mit Kabinenaufbau, die wir seit unserer Rückfahrt von Inuvik schon ein paar Mal getroffen haben. Eigentlich hatten wir uns heute Mittag mit „See ya’ in Dawson“ verabschiedet, doch jetzt, bei km 154 des Dawson Highway, halten wir, um ihnen bei ihrer Panne zu assistieren. In ihrem Notfallhandbuch steht, dass man im Falle einer Reifenpanne seine Vermietstation anrufen soll. Ich halte das für einen guten Witz (Mobilfunk am Dempster?), aber einer der Jungs holt ein steinzeitliches Satellitentelefon heraus, erhascht einen Satelliten und bekommt eine Verbindung zur Autovermietung. Das Resultat des Gesprächs war absehbar: Man sollte den Reifen besser selbst wechseln. Der andere Kanadier holt sein Gewehr raus, lädt und entsichert es – es gibt jede Menge Bären hier, meint er. Ich versuche mir vorzustellen, wie ein Grizzly vier Menschen überfällt, um deren Reserverad zu klauen. Echt gefährliche Gegend hier. Natürlich beginnt es genau jetzt zu gewittern. Jörg wechselt den Reifen, zum Dank dürfen wir mit der Rifle ein paar Bäume totschießen. Eine meiner Lieblingsbeschäftigungen.

Die Landschaft vor Dawson ist zerstört und weit davon entfernt zu vernarben. Jeder, aber auch wirklich jeder Stein wurde auf der Suche nach Gold umgedreht, das Unterste zuoberst gekehrt. Schutthalden über Schutthalden, so weit das Auge reicht. Auch heute noch geht das Landschaftsmorden weiter. Berg um Berg wird abgetragen in der Hoffnung, noch ein Quäntchen des Edelmetalls zu finden. Die Überreste der Berge werden anschließend achtlos in die Landschaft gekippt.

Endlich in Dawson City angekommen ist es schon spät. Was uns andere Reisende schon seit vielen Tagen zutragen, bestätigt sich im Information Center: Wir sitzen fest. Der Top of the World Highway ist gesperrt, genauer der Taylor Highway. Eine weitere legendäre Route beginnt in Dawson und führt nach Alaska. Die Straße größtenteils auf kanadischer Seite heißt Tops of the World Highway, die Anschlussroute in Alaska Taylor Highway. Aufgrund starker Regenfälle war der Taylor bereits zehn Tage gesperrt gewesen, dann ein paar Tage befahrbar. Neuerliche Regenfälle haben weitere Auswaschungen verursacht und zu einer weiteren Sperrung geführt. Eine Alternative gibt es nicht, es sei denn, man fährt viele hundert Kilometer zurück auf den Alaska Highway. Wir haben es nicht eilig, wir sind ja erst einmal in Dawson angekommen. Es gibt ein paar private Campingplätze hier. Der staatliche bietet bei großzügigen Stellplätzen direkt am Yukon River für 12 $ die Genehmigung, Feuer zu machen und das Feuerholz kostenlos dazu. In den Rocky Mountains hat das nochmals rund 9 $ Aufpreis gekostet. Wir gönnen uns das, da wir nicht sicher sind, ob wir in der durchfurchten Landschaft einen Nachtplatz finden können und wollen.

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