Seward Hwy, Alaska – Sterbende Gletscher, sterbende Lachse

Wer je über instabiles Wetter auf der Kenai Insel berichtet hat, muss geirrt haben. Seit knapp einer Woche hat es verlässliche 13°, konstanten Nieselregen und stellenweise Nebel. Aus der Entfernung ist der Exit Glacier auch heute kaum zu sehen, aber auf dem einfachen 5-km-Rundwanderweg gelangt man zum Fuß des Gletschers. Schilder mit Jahreszahlen dokumentieren den dramatischen Rückzug des Eisfelds bereits von der Zufahrtsstraße zum Parkplatz hin. Ein Gletscher besteht aus luftigen Schneeflocken an der Oberfläche, die sich nach unten hin allmählich zu Firn verdichten und schließlich, wenn fast alle Luft durch das Eigengewicht herausgepresst ist, zu einer extrem kompakten Eismasse verschmelzen. Zwischen Gletscher und Berg wiederum entsteht durch das enorme Gewicht eine Schmelzschicht, auf der das Eis langsam ins Tal driftet. Bei der Bewegung hangabwärts brechen an der weißen Oberfläche Spalten auf, die Blicke ins Innere gewähren. Das stark verdichtete Eis absorbiert energieärmere gelbe, orange und rote Lichtwellen, während es die energiereicheren Photonen passieren lässt und so einen blauen Schimmer hervorruft. Der Exit Gletscher hingegen ist völlig blau. Im Gegensatz zu den meisten anderen Gletschern fehlt ihm die schützende Schnee- und Firnschicht an der Oberfläche, aus der sich neues Gletschereis bilden kann. Sein Innerstes liegt blank. Sommerliches Abschmelzen mag vielleicht ein Grund sein, aber der Verdacht drängt sich auf, dass es sich hierbei um einen sterbenden Gletscher handelt.

70 km südlich von Anchorage biegen wir in die Portage Lake Road ein. Nach wenigen Kilometern kann man von der Willow-Fischaussichtsplattform aus in einem klaren Bach Lachse beim Laichen beobachten. Kleine Enten tauchen strampelnd gegen die Strömung und versuchen, ein paar Fischeier zu erhaschen. Vom späten Juli bis frühen September gibt es hier Augenhöhlen-, Hund- und Buckellachse. Sie werden, je nach Art, zwei bis etwa sechs Jahre alt und kehren zum Laichen aus dem Meer in den Bach zurück, in dem sie geschlüpft sind. Im Gegensatz zu Atlantiklachsen machen Pazifiklachse diese Wanderung nur einmal in ihrem Leben, danach sterben sie.

Das Begich, Bloggs Besucherzentrum am Portage Lake ist aufwändig gestaltet und bietet viel interaktive Information. Am See kann man selbst im Sommer kleine Eisberge schwimmen sehen, die der Portage Gletscher hineinkalbt. An den Portage Glacier kommt man jedoch nur mit einer Bootstour heran. Zum benachbarten Byron Glacier führt ein kurzer Wanderpfad. Zwar warnen auch hier Schilder vor dem Betreten des Eises, da man in eine Spalte stürzen könnte. Doch keine Absperrung hindert einen daran, auf das Eisfeld zu laufen, und so folgen wir hunderter anderer Fußspuren, bis wir für heute genug Gletscher haben.

Auf dem Rückweg nach Anchorage steht im Turnagain Arm Flut gegen Strömung das Wasser brodelt und kocht. Dann rückt die Flutwelle an: In drei beeindruckenden hintereinander folgenden Wellen presst die Flut das Wasser den Meeresarm hinauf und bringt ganze Flussläufe zum Erliegen.

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