Atlin, British Columbia – Große Katze, ganz scheu

Der Ort Atlin am See, umrundet von Bergen, hat natürlich Charme. Seine touristische Blütezeit ist dennoch vorbei, wenn es auch nach wie vor ein Anziehungspunkt für Bootsfahrer und Angler ist. Dach dem kurzen Goldrausch wurde die Bahnlinie Skagway – Whitehorse touristisch genutzt. Die Reisenden wurden dabei zwischen Scotia Bay und Atlin per Schiff befördert; der 1936 ausgemusterte Raddampfer SS Tarahane liegt immer noch am Ufer. Vieles in Atlin wirkt heute etwas verloren, verlassen und verkommen, aber hin und wieder stechen optimistische Neubauten ins Auge.

Bei einem Spaziergang oberhalb des Sees merke ich deutlich, wie sich Herbst anfühlt. Blumen und Gräser sind braun und verdorrt, jeder leiseste Lufthauch ziept an den Ohren und man versucht, noch den kleinsten Sonnenstrahl förmlich in sich aufzusaugen. Zeit, die Fahrt nach Süden fortzusetzen. Auf der Atlin Road kommt rechts von uns etwas Hellbraunes mit kurzem dunklen Stummelschwanz den Hang hinunter, springt geschmeidig vor uns über die Straße und saust weiter talabwärts in den Wald: ein Puma! Cougar sagt man in Kanada dazu, in den Staaten nennt man sie Mountain Lion. Wir halten sofort an. Noch einmal wagt er sich für einen Moment zwischen den Bäumen hervor um uns in Augenschein zu nehmen, dann verschwindet er. Trotz der bereiten Kamera kommen wir nicht zum Schuss, er ist zu schnell.

Am Ende der Straße kommen wir wieder auf den Alaska Highway, um die letzten 340 noch nicht gefahrenen Kilometer in Angriff zu nehmen. Der Plan war, bei Mukluk Annie’s Salmon Bake einen ihrer berühmten Grillachse zu verzehren. Dazu soll es eine kostenlose Bootsfahrt auf dem Teslin Lake mit dem Gastgeber geben und man darf den kostenlosen Campground benutzen. Ob sich das Konzept nicht bewährt hat oder die Touristen einfach ausgeblieben sind? Jedenfalls ist Mukluk geschlossen, traurig verwaist, wie so viele andere Unternehmen am Alaska Highway. Die Rezession lässt grüßen. Wir suchen uns einen einsamen Stellplatz an einem anderen See und trösten uns mit einem Caprese-Salat, frischem Weißbrot und unserer letzten Flasche Rotwein. Könnte schlechter sein.

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