Merritt, British Columbia – Kanadisches Outdoorvergnügen

Die Waldwege werden immer enger und schlechter befahrbar, es geht auf 1200 m hoch und wieder hinunter, aber Arminius fühlt sich sichtlich wohl hier. Die Mischwälder sind manchmal lichter, manchmal dichter. Mancherorts stehen riesige alte Bäume, an anderen Stellen gibt es Kahlschlag. Natürlich wird heutzutage wieder aufgeforstet. Viele Nadelbäume sind braun und tot. Der Pine Beetle, eine Art Borkenkäfer, legt seine Eier unter die Rinde. Die Larven fressen sich dann durch das Holz, zerstören die Nährstoff- und Wasserleitungen des Baums und bringen ihn so um. Früher haben strenge Winter einen Teil der Käfer getötet. Wenige Tage unter -40° genügen. BC wartet schon seit Jahren auf derart niedrige Temperaturen. So vermehrt sich der Pine Beetle ungeniert und zerstört ganze Wälder. Ein fast noch größeres Problem aber ist, dass die vertrockneten Bäume sehr anfällig und gefundenes Fressen für Waldbrände sind, die sich so leicht ausbreiten können und weitere Verwüstungen anrichten.

In BC ist es Vorschrift, dass Holzfirmen je nach Abholzung in bestimmten Abständen Campingplätze einrichten müssen. In dieser Gegend sind es viele, absolut idyllisch an kleinen Seen gelegen an kaum befahrenen Waldwegen. Da wegen eines Feiertages am Montag, dem Labour Day, ein langes Wochenende bevorsteht und das Wetter noch immer traumhaft ist, sind viele Plätze schon belegt. Stille Campingfreuden sind das aber nicht. Kanadisches Outdoorvergnügen ist Action. Auf dem See wird (Elektro-) Boot gefahren und geangelt, zwischen den Bäumen dröhnen Quads und ganze Familien reiten mit kleinen Kindern mit der Körpergröße angepassten Geländemotorrädern in die Wälder. Hunde bellen, denn Kanadier lieben Hunde und ganz viele Familien haben einen oder zwei. Wiewohl die meisten Hunde weit besser erzogen sind als unsere verhätschelten europäischen Tölen. Die Barbecuegrills werden in Vorfreude auf den Fangerfolg schon mal vorgeheizt. Auf dem benachbarten Campingplatz hat jemand die Musiklautstärke so weit aufgedreht, dass die ganze Umgebung davon partizipieren kann. Niemanden stört das auch nur ansatzweise. Nach der Mittagspause fahren wir weiter und fädeln uns zwischen Kühen durch, die stoisch die Wege okkupieren. Trotz des trockenen Klimas werden die weniger bewaldeten Areale als Ranchland genutzt. Es gibt kaum Gras, das nicht vertrocknet ist, aber die Rinder bewegen sich frei auf riesigen Gebieten, irgendetwas Grünes finden sie zu Fressen. Zudem sind es keine unter Leistungsdruck stehenden Milchkühe, sondern Fleischrinder, die in Ruhe heranwachsen können.

Am Nachmittag erreichen wir Merritt, eine Kleinstadt, die vielleicht nicht als Kleinod zu bezeichnen ist, aber eine privilegierte Lage in einem Tal umgeben von sommertrockenen Bergen innehat. Nachdem wir mit unseren Erledigungen wie Wäscherei und Einkaufen durch sind – noch niemals habe ich in Kanada so billiges Brot und Kuchen gekauft, dafür mussten wir für Bier das Doppelte investieren – senkt sich schon die Dämmerung über die Stadt. Die Tage werden merklich kürzer und wir müssen früher nach einem Übernachtungsplatz Ausschau halten. Walmart ist immer noch keine Option für uns, doch die Zeit wird knapp. Wir versuchen unser Glück am View Point, dem Aussichtspunkt der Stadt. Hier ist nächtliches Parken nicht verboten, und so ergattern wir einen Platz oberhalb der Stadt mit Blick wie aus einem Adlerhorst.

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