Campbell River, Vancouver Island, British Columbia – Gestürzte Giganten

Zum Nebel hat sich Regen gesellt. Unsere Hoffnung auf einen Strandspaziergang am Long Beach unter besseren Bedingungen erfüllt sich nicht. Also geht es zurück auf der aufregenden und vielbefahrenen Strecke nach Port Alberni und bleiben diesmal auf dem Hwy # 4 bis zur Ostküste.

Am Parkplatz des MacMillan Provincial Parks ist fast keine Stellmöglichkeit mehr vorhanden. Wie mag es hier erst in der Hochsaison zugehen? Die Cathedral Grove genannte Ecke dieses Parks ist ein kleines naturbelassenes Stück Regenwald mit riesigen uralten Douglastannen, aber es wachsen auch beeindruckende Rotzedern und Hemlocktannen. Die Parkverwaltung hat einige Pfade angelegt, auf denen man den Urwald erkunden kann. Die Bäume sind so hoch und das Nadeldach so dicht, dass kaum Licht den Boden erreicht. Ausschließlich Farne mit genügsamen Ansprüchen an Sonnenlicht können hier gedeihen. Lindgrüne Moose überwuchern untere Stämme und Äste der Bäume und hängen herunter wie Staubweben auf einem vergessenen Dachboden. Douglastannen werden im Binnenland bis zu 42 m hoch, die Küstenvariante sogar 85 m. Der größte noch lebende Gigant der Cathedral Cove ist über 800 Jahre alt, misst 76 m in der Höhe und 9 m im Umfang. Pilze, Parasiten und Krankheiten können die Wurzeln schwächen und starker Wind kann ihr Leben vorzeitig beenden. So sind während des Neujahrssturmes 1997 etliche der Urzeitriesen umgestürzt. Sie liegen kreuz und quer im Park herum. Lediglich die blockierten Wege hat man frei geschnitten, den Rest aber liegen lassen als teil des natürlichen Erneuerungsprozesses, denn die vermodernden Stämme geben den noch lebenden Nahrung. Erst vor kurzem muss eine Tanne gefallen sein und hat dabei eine Brücke zerstört. Ein Teil des Wegenetzes ist dabei unpassierbar geworden. Warnschilder raten dringend an, den Wald bei Wind zu verlassen. Es ist offensichtlich warum. Wo sicht der Wald auf diese Weise lichtet, entstehen Möglichkeiten für neue Arten. Beeren und andere lichtbedürftige Sträucher bedecken den Boden. Die unterdrückten Hemlocktannen ergreifen ihre Chance und werden vielleicht in einigen hundert Jahren das Regiment übernommen haben.

Nach dem Verlassen des Regenwalds erreichen wir unmittelbar den Cameron Lake und nach wenigen Kilometern den Little Qualicum Falls Provincial Park. Der Little Qualicum River fließt durch eine Schlucht mit Stromschnellen und mehreren kleinen Fällen, wo das Wasser weiß schäumt. Sobald es sich aber beruhigt und in tieferen Becken sammelt, nimmt es eine klar-grüne Götterspeisenfarbe an. Zwei Brücken und einige Kilometer Wanderwege wurden hier angelegt, auf denen man dem Verlauf des Flusses folgen kann. Am Ende des Tages rasten wir bei Dave und seiner Familie in Campbell River. Er hat bis vor wenigen Jahren selbst einen Unimog älteren Baujahrs besessen und bat uns vorbei zu schauen. Dave braut sein Bier selbst mit etwas mehr Stammwürze als sonst in Kanada üblich. Das erfreut natürlich die deutsche Bierseele.

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