Das war Kanada: Weite, Wälder, Waldtiere – Wir lieben es!

In über fünf Monaten Kanada und Alaska fuhren wir unglaubliche 35.000 Kilometer, tankten knapp 7.500 Liter Diesel, nächtigten ganze vier Mal auf einem Campingplatz, rotierten drei Mal Räder, führten zwei Ölwechsel durch, kauften einen Satz neuer Einspritzdüsen und hatten null Polizeikontrollen. Kanada ist ein schönes Land mit grandioser Natur und ausgesprochen netten Menschen, durch das wir gerne gereist sind.

Zu unseren Lieblingszielen gehören die sogenannten Maritimes, die Atlantikanrainerprovinzen im Osten: Nova Scotia mit Cape Breton Island warten hinter jeder Ecke mit unterschiedlichen Landschaften auf und verzeichnen weniger Touristenmassen als der Westen. Die Küsten sind mal lieblich, mal schroff, mal steil, mal flach, grün, steinig oder sandig. Neufundland und Labrador punkten mit rauer, unberührter Natur, vielen Elchen und den wohl gastfreundlichsten Menschen. Prince Edward Island scheint mehr zu polarisieren: Manche finden es ganz toll, unsere Begeisterung hielt sich etwas in Grenzen, obwohl die waldfreie Kartoffelackerlandschaft und die Sanddünen am Nordstrand durchaus Abwechslung zum übrigen Kanada bieten. New Brunswick hat schöne Küsten, aber auch viel eintönige Wälder.

Québecs unberührter Norden ist relativ unzugänglich, doch der eiskalte St.-Lorenz-Strom im Süden schafft eine ganz eigene Szenerie. Und, nicht zu vergessen, Québec City ist die schönst Stadt Kanadas. Das nicht enden wollende Ontario mit vielen Wäldern und Seen hat uns trotzdem überzeugt mit Naturspektakeln wie – aber nicht nur – den Niagarafällen und der ehrenwerten doch heimeligen Hauptstadt Ottawa. Die Prärieprovinzen Manitoba und Saskatchewan haben wir zwar nicht als Höhepunkt der Reise empfunden, doch selbst hier finden sich einige sehenswerte Nationalparks. Die Seenlandschaft im Norden soll durchaus sehenswert sein, dafür hat unsere Zeit nicht gereicht.

Alberta ist, neben den Maritimes, ein weiterer unserer Favoriten. Von der flachsten Prärie über die Badlands, liebliche Vorgebirge (Foothills) bis zu den schroffen Rocky Mountains (mit seinen wunderbaren Parks im Kananaskis Country, Banff und Jasper) dürfte die Bandbreite an unterschiedlichen Landschaftsformen hier mit am größten sein. Calgary ist eine attraktive Stadt mit „Alpenblick“. Kulturstätten gibt es in der Provinz allerorten und das nördliche Ranch- und Farmland ist wieder eine andere Welt. Unser ganz persönliches Lieblingsziel wurde der Norden des Staates. Davon konnten wir gar nicht genug bekommen. Der Yukon, die North West Territorien, das nördliche British Columbia – und Alaska, obwohl das eigentlich nicht in das Kanada-Resümee gehört – haben unser Herz erobert mit ihren unzähligen Gebirgszügen, dramatischen Ausblicken, Flüssen, Seen und Hochebenen, menschenloser Einsamkeit, der bewaldeten Tundra und der baumlosen Taiga. (Und das, obwohl wir Wärme mögende Tropenliebhaber sind.) Von Watson Lake bis Whitehorse, von Dawson City bis Inuvik, wir haben jeden Kilometer geliebt. Auch wenn British Columbia zum erklärten Lieblingsziel der meisten Deutschen gehört, teilen wir diese Meinung nicht ganz und halten es für überbewertet. Es ist touristisch sehr entwickelt mit der entsprechenden Infrastruktur, aber auch den Preisen und der Bereitschaft zum Abkassieren an jeder Ecke. Trotzdem haben natürlich sowohl das zentrale wie das südliche BC absolut schöne Ecken, wie ein paar kleinere Parks in den Rockies oder das Okanagan Valley. Obwohl Vancouver eine sehenswerte Stadt ist, würden wir Calgary oder Whitehorse den Vorzug geben als Ausgangspunkt für eine Kanadareise. Aber das ist nur eine persönliche Ansicht.

Grundsätzlich muss man in Kanada mit viel Wald rechnen, was naturgemäß nicht immer mit den besten Ausblicken verbunden ist, Auch das Befahren von Schotterstraßen gehört einfach zu einer Kanadareise, genau wie das nicht immer zuverlässige Wetter. Obwohl Kanada das Land für Outdoor-Aktivitäten ist, sollte man stets einen „Plan B“ für Regentage haben. Erfreulich sind die äußerst geringe Kriminalitätsrate und die Freundlichkeit, Offenheit und überwältigende Gastfreundschaft der Kanadier. Man kann deutlich spüren, wie Menschen sich wohler fühlen und entspannter sind, wenn sie mehr Raum zum Leben haben. Happy Canada! Eine Lanze brechen möchten wir für die Trucker, die beim Fahren weit besser sind als ihr Ruf – sofern man sich selbst entsprechend rücksichtsvoll verhält. Trotz über 5.000 km Schotterpiste fahren wir mit unserer ersten Windschutzscheibe herum, selbst ohne Glasreparatur.

Ein ernstzunehmender Planungsfaktor für eine Kanadareise sind die hohen Preise: Es ist ein teures Reiseland. Mag sein, dass insgesamt niedrigere Lebenshaltungskosten bedingt durch weniger Steuern, ein nahezu kostenloses Gesundheitssystem für Residenten, weitgehend geringe Grundstücks- und Häuserpreise wie auch Energie- und Wasserkosten und billigere Autos das Leben im Land recht komfortabel machen. Für den durchschnittlichen Reisenden hat das keine Auswirkung und er wird kräftig zur Kasse gebeten. Ob Eintrittsgelder, Restaurantbesuche, Übernachtungskosten, Lebensmittel oder Alkoholika: das meiste liegt deutlich über deutschem Preisniveau. Kraftstoff ist etwas günstiger als zu Hause, wenn auch nicht mehr so billig wie noch vor Jahren. Dank der Größe des Landes – Kanada ist nach Russland das flächenmäßig zweitgrößte Land der Erde – und der riesigen Entfernungen relativiert sich der etwas niedrigere Preis und Benzin oder Diesel werden schnell zum größten bestimmenden Faktor der Reisekasse, bei dem man sich gerne mal verkalkuliert. Lieber großzügig planen!

Die Welt ist nirgendwo perfekt, auch nicht im Norden Nordamerikas. Umweltverschmutzung und andere Umweltsünden vor allem im stärker besiedelten Südgürtel beeinträchtigen stellenweise das Reisevergnügen. Das beginnt beim „kleinen Mann“, der seine Bierflasche in der Natur liegen lässt, seinen Müll in den Wald kippt und einen 35 Liter pro 100 Kilometer fressenden Pick-up fährt. Das „idling“ genannte Laufenlassen des Motors im Stand ist eine weit verbreitete Unsitte unter Privatleuten wie Truckerfahrern, die ihre Maschine gerne mal die ganze Nacht rennen lassen. Industrieanlagen wie z.B. Papierfabriken sind teils mit unzureichenden Filteranlagen ausgestattet, was sich in Sichtweite und Geruch bemerkbar macht. Die Kahlschläge in den Wäldern sind teils schockierend und der Chemiegehalt der Nahrung fast Körperverletzung. Eine erstaunlich hohe Krebs- und Parkinsonrate geben denn auch zu denken.

Persönlich haben wir keinerlei negative Erfahrung hier gemacht, demnach ist Kanada für uns während der vergangenen 25 Wochen ein wunderbares Reiseland gewesen. Vermissen werden wir die stop-slow-Schilder drehenden, Baustellenverkehr regelnden netten Blondinen, denn keine Baustellenampel kann einen „Lollipop“ ersetzen. Dank an die unvollendete Happy Valley-Goose Bay Road, an den Dempster und den Dalton Highway, die für ein wenig „mud on the tyre“ – Schlamm am Reifen – sorgten. Es hat Spaß gemacht. Danke an all die wundervollen Menschen, die zum Gelingen unserer Reise beitrugen und die so unvergleichliche Eindrücke bei uns hinterließen. Unser besonderer Dank für ihre ausgesprochene Gastfreundschaft gilt folgenden lieben Menschen:
Ian und Claire
Vivian und Wally
Melvin
Carmelita und John
Edgar und Darnell
Mélina
Marron und Simon
Leslie und John
Pat und John
Natalie
Mike und Mélie
Dan und Myra
David
Claude und Lynda
John und Lyndel
Al
Archie und Torrie
Ursel und Udo
Rita und Ingo
Ludwig und Irene
Kerri und Simon
Carolyn und Craig
Branca und Anton
Dave und Frau

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