Okanogan, Washington – Gefrorenes Wasser am Berg, süßes Obst im Tal

Ein erster Nachtfrost hat uns heimgesucht: Am Morgen zeigt das Thermometer -4° C, aber in der Nacht muss es weit kälter gewesen sein. Sämtliche kleinen Wasserfälle und Rinnsale haben die Felshänge mit einer Eisschicht überfroren. Die Straße führt uns über den Rainy Pass und den Washington Pass auf knapp 1700 m Höhe und hinunter ins Tal, wo das aus den Bewässerungsanlagen entströmende Nass sofort auf dem Gras gefriert, wenn nicht die ganze Anlage mit kleinen Eiszapfen zugefroren ist. Nachdem wir auch das Vorgebirge der nördlichen Kaskaden überquert haben, landen wir endgültig in dem klimatisch milden intramontanen Trockental, das hier fast genauso heißt wie auf kanadischer Seite: Okanogan. Schon umfangen uns die lieblichen Hügel mit dem trocken-braunen Gras und die grün bewässerten Täler, wo reichlich Obst, aber kaum Wein wächst, was sich ganz einfach erklärt: Die USA erstrecken sich im Gegensatz zu Kanada in viel südlichere Breiten, wo sich Wein weit einfacher und besser kultivieren lässt. Einige der Dörfer entlang des Highways haben sich ein malerisches Wild-West-Aussehen verpasst, auch wenn das mit der tatsächlichen Historie nicht immer etwas zu tun hat. Wir legen heute unendliche viele Höhenmeter zurück: Immer wieder geht es hinauf auf 1700 m und bis auf 400 m hinunter, und wieder hoch und runter. Der legendäre Indian Summer, der goldene Oktober mit seinen dramatischen herbstlichen Blattfarben bleibt uns in den Weststaaten zwar vorenthalten, aber auch hier verändern die Laubbäume ihr Aussehen. Dass auch viele Nadelbäume sich gelb verfärben, sieht zwar hübsch aus, ist aber kaum positiv zu bewerten. Denn nach gelb kommt ab, nach ab kommt tot, und schließlich um: Die Bäume fallen, denn auch hier treibt der Pine Beetle genannte Borkenkäfer sein Unwesen.
Gegen Abend, gerade als wir die Grenze zu Idaho überschritten haben, geraten wir in ein Nest, das mehr Kirchen als Häuser hat. Wir suchen uns eine aus, in der noch Betrieb herrscht und bitten um Erlaubnis, auf dem Parkplatz übernachten zu dürfen, was uns nicht verwehrt wird.

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