Madison, Yellowstone National Park, Wyoming – Heißwasser, Dampf und spuckende Geysire

Eigentlich war der Walmartparkplatz ruhiger als vermutet. Bis auf die recht befahrene Straße in der Nähe, den hupenden Güterzug, der irgendwo passiert, und die Straßenkehrmaschine, die um 3 Uhr morgens den Platz säubert. Aber sonst war’s ganz in Ordnung. Ehrlich!

Über Gardiner fahren wir zum Nordeingang des Yellowstone. Hier wurde 1872 der Welt erster Nationalpark gegründet und wurde zum Vorbild für tausende von Naturschutzgebieten in vielen Ländern der Erde. Im Park findet sich die weltgrößte Konzentration von Geysiren, heißen Quellen, Fumarolen genannten Dampfventilen und Schlammtöpfen, die gespeist werden von Magmahitze tief im Erdinneren. Drei gigantische Vulkanausbrüche, der letzte vor 640.000 Jahren, sprengten Millionen Tonnen Gestein weg und formten einen Krater von 50 bis 70 km Durchmesser, der heute mitten im Park liegt.

Im Besucherzentrum – einem von fünf – decken wir uns nicht nur mit Material ein, sondern erfahren auch, welche Straße bereits für den Winter gesperrt wurde und was die Wettervorhersage prognostiziert: 50% Regenwahrscheinlichkeit für morgen, ab übermorgen Schnee, und konstant fallende Temperaturen. Wir haben keine Zeit zu verlieren, bevor die Parkstraßen endgültig gesperrt werden und stürzen uns auf die erste Attraktion, die Mammoth Hot Springs. Heißes Thermalwasser reichert sich auf dem Weg zur Oberfläche mit Kalziumkarbonat an und der weiße Kalkstein lagert sich in Terrassen und anderen Formationen wieder ab. Neben den sich ständig verändernden Kalksteinterrassen – die weltgrößten – gibt es drei weitere hydrothermale Formationen im Park. Eine besonders große Ansammlung von Fumarolen findet sich 20 km südlich am Roaring Mountain, die bei kühlem Wetter natürlich besonders schön dampfen. Diese heißeste thermale Erscheinung enthält so wenig Wasser, dass es bereits vollständig verdampft, bevor es die Oberfläche erreicht, wo es als Gas- und Dampfwolke entweicht. Am häufigsten sind heiße Quellen, die dank Konvektion keinen Wasserverlust erleiden: Hocherhitztes Wasser steigt zur Oberfläche, kühlt ab, beginnt wieder zu sinken und wird von aufsteigendem heißen Wasser ersetzt. Die eindrucksvollsten Gebilde sind Geysire, Heißwasserquellen mit Verengungen in ihrem Röhrensystem, die es dem Wasser nicht ermöglichen, frei zur Oberfläche zu zirkulieren und seine Hitze abzugeben. Der Umgebungsdruck in der Tiefe hindert das Wasser mit Temperaturen teils über dem Siedepunkt daran zu verdampfen. Auf dem Weg nach oben bildet sich mit nachlassendem Druck Dampf. Nahe der Oberfläche sind die Blasen zu groß und zu zahlreich, dass sie ungestört durch die Verengung entweichen können. Am kritischen Punkt heben die eingeschlossenen Blasen das darüberliegende Wasser an und bringen es so zum Überlaufen oder Spritzen. Der nachlassende Druck verursacht ein heftiges Überkochen des Wassers. Immense Dampfmengen drängen das Wasser aus dem Ventil und die Eruption beginnt. Da das Wasser schneller ausgestoßen wird als es zurückfließen kann, nehmen Hitze und Druck langsam ab. Die Eruption kommt zum Erliegen, wenn das Wasserreservoir erschöpft oder genügend Dampf entwichen ist, sodass die restlichen Blasen gewaltlos evaporieren können.

Viele Pools und kleinere Geysire findet man im Norris Geysir Basin noch etwas weiter südlich auf der westlichen Parkstraße. Sie sind Habitat für verschiedene Wärme liebende Mikroorganismen. Das sind in erster Linie Bakterien, die sich von Eisen und anderen Mineralien ernähren, Archaeen, die man früher für Bakterien hielt, aber doch eine andere genetische Struktur besitzen, und Viren. Außerdem gibt es Eukaryoten, Ein- oder Mehrzeller, zu denen Pflanzen, Tiere und Pilze gehören. Die verschiedenen Temperaturbereiche in einem Thermalbecken sind anhand ihrer leuchtenden bunten Farben leicht zu unterscheiden Die heißesten Bereiche zwischen 60° und 83° C sind an ihrer gelben Farbe zu erkennen und riechen nach faulen Eiern, wenn Hydrogensulfat zu Schwefel zerfällt. Die Schwefel fressenden Einzeller bilden gelbe Matten. In weniger als 60° C warmem Wasser leben Bakterien und Archaeen, die Eisen verarbeiten und braune bis rote Ablagerungen bilden. Die kältesten Bereiche unterhalb 56° C sind smaragdgrün. Chlorophyllbildende Algen und Bakterien herrschen hier vor, die, wie die meisten Pflanzen, Sonnenlicht in Energie umwandeln. Im Norris Basin ist auch der spektakulärste Geysir heimisch. Steamboat, Dampfschiff, ist sein Name. Er ist der höchste aktive Geysir der Welt, dessen seltene Eruptionen über 100 m hoch sind und von stundenlangen Dampfschüben gefolgt werden. Leider sind die Ausbrüche nicht vorhersagbar und können im Abstand von Tagen, Monaten oder Jahren erfolgen. Das letzte Mal war er 2005 aktiv. Regelmäßiger und zuverlässiger dagegen bricht der Constant Geysir aus, zwar nur wenige Meter hoch, aber beim Vorbeilaufen doch recht überraschend.

Der Madison Campground ist einer der wenigen, die noch offen haben und nach und nach bis auf einen schließen werden, aber es ist kein Problem, am Abend noch einen Platz zu bekommen. Gleich neben dem Campingplatz wacht ein kapitaler Wapitihirschbock über seine ahnsehnliche Herde aus einem guten Dutzend Kühen.

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