Bridgeport, Nebraska – Primärer Feindkontakt

Der Aufzug im Jewel Cave Monument ist kaputt. Es gibt keine Möglichkeit, uns in das rund 100 m tiefer liegende Tropfsteinhöhlensystem unter den Black Hills zu bringen, eines der großen dieser Welt. Zum Trost dürfen wir den informativen Film ansehen, bevor wir erneut in den Custer State Park fahren und nach Süden abbiegen. Die Route ist landschaftlich nicht mehr ganz so spannend, da sie in die Prärieebene übergeht, dafür gibt es eine reiche Tierwelt: Bisons, Hirsche, Gabelböcke, Präriehunde. Mit äußerstem Bedauern beäuge ich die sich träge bewegenden wilden Truthähne und denke an meine Pfeil-und-Bogen-Ausstattung, aber Jagen ist im Park nun man verboten. Im Süden angrenzend liegt der Wind Cave National Park, wo man komplett vertrocknete Tropfsteinhöhlen besuchen kann. Ein weiterer Traumtag mit 20° C – wir schreiben den 1. November! – lädt uns zum Weiterreisen nach Nebraska ein. Schnell vergessen wir Kanadas Manitoba und Saskatchewan, denn hier ist die Prärie unendlich, die Gräser unzählig, der Himmel groß und der Horizont weit.

Einst fuhren die Siedler in ihren Planwagen auf dem Oregon Trail Richtung Westen. Auf ihrem Zug durch die nicht enden wollende Ebene waren Landmarken nicht nur optische Abwechslung, sondern willkommene Navigationshilfe. Auch der Mormonentrail und der Pony Express Service nahmen diese Route. Gleich drei solcher Felsgebilde befinden sich in Nebraska kurz hintereinander. Die erste Courthouse & Jail Rocks – Gericht- und Gefängnisfelsen – genannte Formation liegt gleich hinter Bridgeport. Obwohl spätere Siedler zitiert werden, sie haben einen „Palast“ gesehen. So muss ihnen der Stein wohl erschienen sein nach so langer Grasödnis. Die zweite Landmarke einige Meilen weiter westlich heißt absolut passend Chimney Rock, Kaminfels: ein Schlot, ein dünner Finger, der die Richtung weist. Es steht kein Verbotsschild, also bleiben wir an seinem Fuß zur Nacht, um den penetrant hupenden Güterzügen so weit als möglich zu entfliehen.

Es ist halb zwölf, wir lesen im Bett. Plötzlich Stimmen, Licht, die Kabine wackelt – jemand klettert auf Arminius herum! Dann klopft es auch schon an die Tür: „Polizei! Ist jemand da drin?“ Es ist wohl besser, die Tür zu öffnen. Zwei Polizeibeamte mit zwei Fahrzeugen und erhellenden Taschenlampen erklären uns, sie wären von der allnächtlichen Kontrollpatrouille des Monuments verständigt worden: „Da oben steht das seltsamste Ding, das ich je gesehen habe!“ Die Officers sind sehr nett und mindestens so neugierig, aber das mit dem Fragen beantworten können wir ja schon. Und wir wollten auch nur eine Nacht hier schlafen. „Normalerweise erlauben wir niemandem, hier oben zu campen … wie viel verbraucht das Fahrzeug eigentlich?“ Sie überlegen hin und her, eigentlich sollten wir besser auf dem Campingplatz unten an der Straße parken, der zwar im Winter verwaist, aber nicht verschlossen ist (das ist da, wo die Züge nebenan fahren). Hier oben kämen die Kids hoch und machten ihre Kids-Sachen. Was auch immer das sein mag. Wir sollten vorsichtig sein. Und dann verständigen sich die beiden doch darauf, uns einfach hier stehen zu lassen und ziehen wieder ab. Sie sollten nicht mal einen Ausweis sehen.

Eine halbe Stunde später nähert sich ein anderes Fahrzeug – Kids, die ihre Kids-Sachen machen wollen? Unser Gefährt scheint nicht nur seltsam, sondern auch gefährlich auszusehen. Jedenfalls ist das Auto schneller verschwunden als es gekommen ist. Danach ist Ruhe.

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