Colorado Springs, Colorado – Eisenbahntunnel, Göttergarten und Spielhölle

Zwischen Victor, wenige Kilometer südlich von Cripple Creek, und Canon City läuft die 56 km lange Phantom Canyon Road. Die Schotterpiste ist ein Waschbrett und stellenweise richtig eng, aber wer die Möglichkeit hat, sollte sich dieses Erlebnis gönnen. Die zulässige Fahrzeuggröße beträgt 25 Fuß / 7,6 m Länge und 13 US t / 11,8 t Gewicht. In Südrichtung führt die Straße – mit Ausnahme der ersten Kilometer – kontinuierlich bergab von knapp 3000 m auf 1600 Höhe in die Prärie. Dabei folgt sie dem Verlauf einer ehemaligen Erzbahntrasse durch die Schlucht des Phantom Creek. Felswände ragen manchmal zu beiden Seiten der Straße hoch auf, dann wieder fällt der Hang steil ab zum Bach tief unten. In den Haarnadelkurven muss man recht viel kurbeln, dafür darf man durch zwei alte Eisenbahntunnel fahren. In tieferen Lagen wir das Klima deutlich milder, die Vegetation verändert sich und die Bäume werden grüner, weniger herbstlich. Feigenkakteen, Drachenbäumchen und Weiden ergeben eine eigenartige Mischung. In der Nähe der Stadt Canon City erreichen wir asphaltierten Highway. Eine alternative Off-Road Piste ab Cripple Creek könnte auch die noch engere Shelf Canyon Road sein.

Wir schlagen einen Rundkurs nach Colorado Springs ein, wo der Garden of the Gods auf dem Programm steht. Im „Garten der Götter“ stehen hübsche rote Sandsteinformationen, die der Öffentlichkeit kostenlos zugänglich sind. Sie tragen fantasievolle, aber durchaus treffende Namen wie Sleeping Giant, „schlafender Riese“, oder Kissing Camels, ein Fels, der zwei sich küssenden Dromedaren ähnelt. Gegen Abend sind wir fast zurück am Startpunkt unserer heutigen Fahrt, nämlich im Dörfchen Guffey. Das Kuriose an dem Ort ist, dass er 26 Einwohner zählt, eine Bücherei, zwei Saloons und eine schwarze Katze als Bürgermeister hat. Da das Dorf rechtlich keinen formellen Bürgermeister benötigt, wurde jemand bestellt, der das verschlafene Nest am besten repräsentieren kann. Wir sind zu Gast bei Joyce und Dave, die in dieser Ecke ein Wochenendhaus besitzen. Bei einer zufälligen Begegnung auf einem Parkplatz im Rocky Mountain Nationalpark hatten sie uns eingeladen.

Beim Abendessen in Cripple Creek, um den Rundkurs zu beenden, lernen wir eine Menge über Spielcasinos. An der Bar einer der Spielhöllen erfahren wir, dass uns alle halbe Stunde ein kostenloser Drink zusteht – bei freier Auswahl, egal ob Bier, Longdrink oder „Kurzer“ – wenn man irgendwo spielt. Wir nicken eifrig mit dem Kopf, nehmen unser Bier und gehen ins hauseigene Restaurant. Das ist zwar so nicht vorgesehen, scheint aber niemanden wirklich zu stören. Hier kommen die Gutscheine zum Einsatz, die Joyce und Dave von einer befreundeten Viel-Spielerin bekommen haben. Für einen bestimmten Spieleinsatz (= verspieltes Geld) bekommt man Essensgutscheine. Pro Voucher kann man für maximal 10 $ eine Mahlzeit bestellen. Das teuerste Gericht, Fish & Chips, kostet 9,75 $. Es ist reichlich und nicht schlecht – für Fast Food jedenfalls. Danach geht die Lehrstunde weiter: Lässt man sich als Kunde im Casino registrieren, bekommt man eine Kundenkarte mit der man ungefähr eine Viertelstunde wie wild kostenlos an den einarmigen Banditen zocken kann. Hier wird wirklich alles dafür getan, Menschen zur Abhängigkeit zu verhelfen.

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