Moab, Utah – Endlich offen: die Potash Road

Ich verneige mich tief vor den Bürgern Moabs. Heute waren alle freundlich. Wirklich alle: die Verkäuferinnen im Supermarkt, die Dame in der Besucherinformation (das war übrigens eine Deutsche, wenn auch schon fast 40 Jahre in den USA), der Mann von der einen Tankstelle, der leider unsere Gasflasche trotzdem nicht füllen konnte, und die Frau von der anderen Tankstelle, die zwar unsere Flasche eigentlich auch nicht füllen durfte, aber mit Kennerblick die Größe des Behältnisses abschätzte und das Propan dann doch reinpumpte. Seit einiger Zeit dürfen in den USA nur noch Gasflaschen mit Überdruck-Füllventil verwendet werden, die in Deutschland nicht gebräuchlich sind. Werden die Behälter beim Füllen gewogen, ist das Ganze meist trotzdem kein Problem. In Utah jedoch werden keine Waagen mehr verwendet, man füllt so lange, bis das Überdruckventil anspricht. An der zweiten Tankstelle haben sie zumindest einen Durchflussmesser, und die Frau überschlägt kurz, was reingehen müsste. Welcher Tankwart möchte schon riskieren, dass wir bei diesen Minusgraden verhungern oder gar erfrieren?

Endlich ist auch die Potash Road wieder offen und wir können sie, lang ersehnt, endlich befahren. Die Suche nach dem Schützen, der den Ranger angeschossen hatte, wurde schließlich eingestellt. Die Polizei geht davon aus, dass er das Gebiet entweder verlassen hat oder, wahrscheinlicher, seine eigene Schussverletzung, die Nässe und die Kälte nicht überleben konnte. Seine Leiche jedoch wurde nicht gefunden. Wer jemals in einer der unendlichen Steinwüsten Utahs mit tausenden von Spalten, Löchern und Höhlen war, wird verstehen können, warum man einen toten Körper, nicht lokalisierbar mit Wärmebildkameras, der sich irgendwo verkrochen hat, unter Umständen nicht wiederfindet.

Die zwei Faltblätter von Moabs Touristeninformation zum Befahren und Wandern der Potash Road sind unentbehrlich. Da der Schafer Trail, das Anschlussstück in den Canyonlands Nationalpark / Island in the Sky wegen Schnee und Eis gesperrt bleibt, müssen wir den Hwy # 279, wie die Straße zunächst genannt wird, von der Kreuzung der # 191 anfahren so weit wir kommen und später die gleiche Strecke zurückfahren. Hat man die Wahl, fängt man eher aus dem Nationalpark an. Die ersten Meilen sind asphaltiert und führen neben dem Colorado River durch einen lieblichen, rund geschliffenen roten Canyon. Nach fünf Meilen weist ein Schild auf Indian Writings hin, Petroglyphen, also in den Stein geritzte Tier- und Menschenabbilder der Ureinwohner. Leider haben sich auch weiße Mitbürger der Neuzeit zu kreativen Schöpfungen hinreißen lassen und „Vicky“, „Tom“, „Randy“ oder „Sally“ in der Wand verewigt. Andere Aktivisten haben gar auf in den Stein geschnitzte Zielscheiben geschossen. Nur ein paar Meter weiter gibt es Dinosaurierspuren zu sehen, die ein Vertreter seiner Spezies in den Matsch getrampelt hat, bevor dieser versteinerte. Zu Tage gekommen sind die Tatzen, als der Stein vom Berg fiel und auseinanderbrach, sodass jetzt in der einen Platte die Negative, in der anderen die Positive zu sehen sind. Erschreckend echt, erschreckend groß.

10 Meilen ab Straßenbeginn führt eine Wanderung zum Corona Arch. Auf den 2,5 km Hinweg muss man 135 m Höhenunterschied, zwei mit Stahlseilen gesicherte Sektionen und eine Leiter überwinden. Während das erste Seil lediglich zur Sicherung gegen Abrutschen bei Nässe dient, ist der zweite Steig eine echte Hürde. Kleine Vertiefungen wurden in den Stein gehauen, um Schuhen etwas Halt zu geben. Nicht jeder Wanderer mag diese Mutprobe über sich ergehen lassen und dreht um. Was an sich nicht so schlimm ist, kann man doch Corona Arch von hier aus bereits sehen. Dies ist einer der weltgrößten Bögen mit einer Öffnung von 43 mal 32 m und für uns bisher der schönste und eleganteste. Gleich daneben gibt es eine riesige, in den Berg gewaschene Halbkugel mit einem perfekten runden Loch darüber in der Felsdecke – ein horizontaler Arch sozusagen. Für diese sehr lohnenswerte Wanderung sollte man zwei Stunden einplanen, damit genügend Zeit für Fotos bleibt.

Nach ein paar Meilen endet der Asphalt und eine bei Trockenheit einfach zu fahrende Off-Road-Strecke in den Canyonlands Park hinein folgt, die dennoch Vierradantrieb erfordert. Bei Nässe verwandelt sich der Pudersand in rote Schmierseife, und man denkt besser noch mal darüber nach, ob man hier lang fahren will.

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