Hanksville, Utah – Hanksville und die Zwerge

Von Lake Powell aus nördlich bohrt sich der Hwy # 95 durch stattliche Felsmassive, bevor es dann kurz vor Hanksville nicht mehr ganz so umwerfend ist. Hanksville ist das, was ich als typisches Kaff mitten im amerikanischen Hinterland bezeichnen würde. Es besteht aus dem obligatorischen Postamt, das es in den USA in jeder noch so kleinen Siedlung gibt; drei Tankstellen, eine davon geschlossen (mit den höchsten Preisen, die wir je in den USA gezahlt haben; 3,59 $ pro Gallone, damit teurer als in Alaska); zwei Restaurants, eines mit Campground und Münzwäscherei, aber geschlossen; einem Motel; einem Mini-Supermarkt (mit Tankstellen-Preisen); einigen wenigen Häusern. Die Schließung der Hite Marina hat dem Dorf offensichtlich nicht sehr gut getan. Es wirkt vernachlässigt, heruntergekommen. Die glitzernden Nikolausstiefel, die zur Dekoration an den Laternenpfählen angebracht wurden, wirken seltsam fehl am Platze. Aber vor Wochen in Denver hatte ich ein Paket postlagernd (general delivery) an das hiesige Amt senden lassen in der Annahme, wir wären in zwei Wochen hier. Unsere Reisegeschwindigkeit hat sich aufgrund der Dichte der Attraktionen verlangsamt. Wir sind spät, aber postlagernde Sendungen werden 30 Tage lang aufbewahrt, hatte mir die Postbeamtin am Telefon versichert. Als ich das Büro betrete, bin ich perplex: Vor mir steht die schönste Postbeamtin, die ich je gesehen habe. Die gepflegte Endvierzigerin ist perfekt geföhnt und dezent geschminkt. Sie erinnert sich an unser Telefonat und meinen Namen. Ich wage nicht zu fragen, was eine Frau wie sie in diesem Nest macht. Sicher brauchen sie solche Leute hier zur Aufrechterhaltung der allgemeinen Moral.

Der Tourismus befindet sich in Hanksville bereits im Winterschlaf, daher gibt es kaum Informationen über Straßenverhältnisse. Es gibt weder Handyempfang noch Internet, doch wir hoffen auf Informationen von den Rangern. Auf der # 24 fahren wir ein paar Meilen nach Norden und biegen dann nach Westen ab zum Goblin Valley State Park, während eine Herde Gabelböcke davonrast. Erosion hat dort seltsame Sandsteinskulpturen, die sog. Hoodoos, hinterlassen, meist kaum größer als Körperhöhe, die wie kleine Gnome mit Koboldmützen auf dem Kopf aussehen. Ein putziges Fleckchen Erde, auch wenn die 7 $ Eintritt pro Fahrzeug für das kurze Vergnügen nicht ganz wenig erscheinen. Das Geld wirft man in einen Schlitz; hier ist niemand, die Ranger haben Winterpause. Trotzdem: Zwergenland gibt niedliche Fotomotive ab.

Kurz hinter dem Parkausgang zweigt die Wild Horse / Muddy River Road ab, über die wir zur Factory Butte Road gelangen wollen. Es gab keine Informationen, aber eigentlich sollte nichts entgegenstehen. Das ganze Gelände, bis auf die stehen gebliebenen Gnome ist erodierter, pulverisierter Sandstein, der sich wieder abgelagert hat. Es ist das, was Malcolm ’t’snot-stone nennt, Dannicht-Stein: Wenn er trocken ist, ist er Stein. Wenn nicht, dann nicht. Es ist trocken, aber vor ein paar Wochen muss es geregnet haben. Teile des Off-Road-Trails scheinen zerstört worden zu sein und wurden komplett neu angelegt. Der Grader, das Planierfahrzeug, hat ganze Arbeit geleistet. Gegen Ende der Strecke, nachdem wir schon fast 20 km über Sand und Steine gerumpelt sind, wird das Gelände flacher. Das Wasser scheint sich hier zu sammeln und wegen der kühlen Temperaturen nur oberflächlich verdunstet zu sein. Das Planierfahrzeug ist eingesunken und hat seine Arbeit vorerst eingestellt. Wir versuchen uns trotzdem durchzuschlagen, kommen aber nur ein paar Meter weit, bevor auch wir versinken. ’t’snot-stone ist wohl noch nicht wieder zu Stein geworden. Allrad, Differentialsperre und Untersetzung im kleinsten Rückwärtsgang retten uns auch diesmal wieder. Wir ändern unseren Plan und fahren zurück – die ganze Strecke. Natürlich wird es schon wieder dunkel. Glücklicherweise gab es kurz vor Ende des Weges einen kleinen Wanderparkplatz, wo wir bleiben können und nicht befürchten müssen, bei eventuell einsetzendem nächtlichem Regen die nächsten Wochen gefangen zu sein, bis sich Dannicht-Stein zu Dochwieder-Stein zurückverwandelt hat, denn ab hier beginnt eine reguläre Schotterstraße.

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