Grand Staircase – Escalante NM, Utah – Zum Gruseln schön – die engen Schlitzschluchten

Eines der ganz dramatischen Naturschauspiele, die Wasser im Grand Staircase – Escalante National Monument geschaffen hat, sind die Slot Canyons, Schlitzschluchten. Das sind ganz enge Einschnitte in den Sandstein mit hohen Wänden, von ständig oder auch nur gelegentlich fließenden Bächen mehrere Meter tief eingekerbt. Derer gibt es einige im Park, aber zwischen uns und ihnen steht der eisige Fluss. Die vier Slot Canyons des Dry Fork Coyote Gulch gelten, jedenfalls momentan, als trocken. Vor dem Vergnügen, vor allem wenn es so etwas Spezielles ist, steht meist die Arbeit. Vom Parkplatz am Beginn des Wanderweges klettert man über eine Kante ungesichert am schrägen Fels und über große Brocken in ein kleines Seitental, das schließlich im Haupttal, dem Dry Fork Coyote Gulch endet. An dieser Stelle enden auch die Steinmännchen der Ranger, sogenannte Cairns, die den 100 Höhenmeter absteigenden Pfad kennzeichnen. Den Rest des Weges muss man anhand der Beschreibungen, die man im Visitor Center erhält, oder aus anderen Wanderführern finden. Und noch eine Erfahrung macht man bereits auf den ersten Metern: Entweder klettert man über Steine, oder man läuft im weichen Sand.

Unten angekommen befindet sich gleich links die erste, Dry Fork Narrows genannte Schlucht. Das ist kein besonders enger Slot Canyon, aber prima zur Einstimmung. Die etliche Meter hohen Wände stehen anfangs drei Meter auseinander, rücken dann allmählich näher zusammen und werden am Ende niedriger. Dieser auf einfachem Sandboden zu begehenden Schlucht kann man mehrere Kilometer folgen, muss aber wieder zurücklaufen. Selbst Menschen mit Platzangst sollten hier keine Probleme haben.

Ganz anders verhält es sich mit Peek-A-Boo, der nächsten Schlucht „stromabwärts“. Es geht schon einmal damit los, dass das ovale Einstiegsloch vier Meter über dem Boden hängt. Wohlmeinende Ranger haben winzige Vertiefungen in die senkrechte Wand gekerbt, deren Sinn sich mir nicht völlig erschließt. Sie bieten weder Händen noch Füßen genügend Halt zum Aufstieg. Womit wir wieder bei meiner mangelnden Freiklettererfahrung wären. Man kann auch über eine Sanddüne steigen, 800 m außen herum laufen und von der Seite in den Canyon einsteigen. Dazu habe ich schon gar keine Lust. Wozu sind wir zu zweit? Mit eleganten (Räuberleiter), weniger eleganten (am Hintern hochschieben) und schlicht notwendigen (den anderen am Arm hoch zerren) Techniken rangeln wir uns hoch. Als wir feststellen, dass das lange nicht das Ende der Fahnenstange ist, ist es zu spät zum Umkehren. Wir robben, krabbeln, stemmen uns hoch durch Löcher, über Felsen und durch Spalten. Da das nicht ganz einfach ist und nicht immer auf Anhieb klappt, ist die Aktion von viel Gelächter begleitet. Zwei sehr sportlich wirkende Amerikanerinnen, die wir in den letzten Tagen schon ein paar Mal beim Wandern getroffen haben, lassen uns ein wenig Vorsprung. Nach ein paar Minuten erschallt auch ihr Lachen. Später versichern sie uns, dass sie diese Kletteraktion „totally crazy“, total verrückt, fanden. Dieser anspruchsvollste der Canyons endet nach etwa 400 m und wir klettern hinaus, um über den Seitenweg zurückzukehren. Ich habe mir gerade mein zweites Bienchen im Selbstlern-Kletterkurs verdient.

Über einen Kilometer weiter in einem Seitental des Coyote Gulch startet der Spooky Gulch. Dieser Albtraum für klaustrophobisch Veranlagte verengt sich rasch. Den Rucksack haben wir diesmal draußen gelassen. Die Wände stehen so eng zusammen, dass man sich seitwärts durchzwängen muss, wobei Brust und Rücken gleichzeitig an den Wänden entlang schleifen – eine Tortur für Jacke und Hosen. Nur geeignet für Bauchumfang unter 130 cm. Dann steht man vor einer Wand und denkt, dass Schluss ist. Wer hinaufklettert und weiterläuft, ist selbst Schuld. Ab hier wird es lustig, denn jetzt klettert man auf engstem Raum. Wohin mit den Knien? Wichtig ist, sich zu überlegen, wie man die Füße setzt, denn über viele Meter kann man sie nicht mehr drehen, nur Stück für Stück vorwärts schieben, so schmal ist die Passage. Nach gut 500 m ist wirklich Ende und wir quetschen uns wieder zum Eingang vor.

Es gibt noch einen vierten Slot Canyon in der Nähe mit dem Namen Brimstone. Die meisten Wanderer, so auch wir, verzichten auf dessen Besuch. Die Gefahr bei der Schlucht ist, dass man irgendwo hinunter klettert oder springt, wo man nicht wieder hochkommt. Vor wenigen Jahren war ein junger Mann dort hinuntergesprungen und nicht wieder rausgekommen. Erst nach acht Tagen fand man ihn. Zum Glück lebte er noch. Diese Schlucht sollte Leuten vorbehalten bleiben, die wirklich Erfahrung im Freiklettern haben. Kletterausrüstung kann man wegen des Platzmangels kaum mitnehmen.

Mit der Erkundung aller drei Slot Canyons bis zum jeweiligen Ende benötigen wir insgesamt vier Stunden – wie die sportlichen Damen auch. Wenn man den Anfangsabstieg hinter sich gebracht hat, sind Dry Fork Narrows und Spooky Gulch bis zu einem gewissen Punkt einfach zu erkunden und ein großer Spaß für Kinder. Peek-A-Boo erfordert klettern und stemmen an aalglatten Sandsteinwänden, ist aber die schönste und abenteuerlichste Schlucht mit ihren Verwindungen, Löchern und Brücken.

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