Cortez, Colorado – Der kopflose Hahn namens Mike

Ein kopfloses Huhn hat die Stadt Fruita in Colorado bekannt gemacht. Das Federvieh überlebte seine eigene Köpfung um 18 Monate. Makaber auf jeden Fall, grausam vielleicht, aber beileibe kein Scherz. Der Hahn wurde sogar berühmt und reiste im ganzen Land umher. Die Schlachtung des Abendessens an einem Herbsttag 1945 war wohl nicht ganz so exakt gelaufen wie geplant. Bei der Enthauptung war der Großteil des Stammhirns erhalten geblieben um die wichtigsten Körperfunktionen wie Herzschlag, Atmung und Verdauung sicherzustellen. Der Hahn namens Mike lief sogar herum, er wusste ja nicht, dass er keinen Kopf mehr hat. Gefüttert wurde er mit einer Pipette. Nach seinem Tod führte die Universität von Utah in Salt Lake City eine Autopsie des Hahns durch und bestätigte seine Echtheit.

Ein Denkmal für Mike the headless chicken steht schräg gegenüber von Joshuas neuem Projekt. Zusammen mit einem Freund baut er ein „Theater“. Die Veranstaltungsbühne soll lokalen Künstlern aller Art ein Forum bieten – ob Musik, Lesung oder Performance. Damit wollen die Freunde Leben und Umsatz in die veraltete und verwaiste Innenstadt bringen. Ein ehrgeiziges, idealistisches und schönes Vorhaben. Dann wird es Zeit, auch Josh auf Wiedersehen zu sagen, der uns heroisch zwei Wochen lang vor seinem Haus und in seiner Werkstatt ertragen hat. Dafür wird ein Teil seiner Arbeit uns auf unserer Reise begleiten. Vor dem Postamt, wo ich einen Brief aufgebe, ruft ein Mann begeistert: „Leute, ich sehe Euch schon seit einem Monat in der Stadt. Was macht Ihr hier?“ Wie wahr, wie wahr. Er arbeite beim Landesverkehrsamt und könne uns in sämtliche Tunnel der Umgebung führen. Schöne Idee, aber danke. Wir drücken auf den Startknopf.

Da wir die Gegend schon in- und auswendig kennen, ist es gar nicht so einfach, eine Strecke zu finden, die wir noch nicht gefahren sind. Doch es gibt sie, jedenfalls in Teilen. Hwy #50 und #550 führen uns über Montrose nach Ridgway, und #62 über die 2.735 m hohe Dallas Divide. Noch einmal überqueren wir die San Juan Mountains Teil der Rocky Mountains. Highway #145 läuft fast parallel zum Million-Dollar-Highway, den wir vor Wochen begeistert befahren haben. Der Lizard Head Pass, 3.116 m hoch, fasziniert uns ähnlich. Eine dicke wattige Schneeschicht, die im Sonnenschein in sämtlichen Spektralfarben glitzert, bedeckt das Alpenpanorama. Die Straße ist trocken, und der an den Rand geschobene Schnee hat fast noch die gleiche Farbe wie die, in der er vom Himmel gefallen ist. Ein paar Schneemobilfahrer düsen fröhlich durchs Winterweiß. Bei -3° C streift ein schon fast frühlingshaft mildes Lüftchen unsere Gesichter. Habe ich neulich von Strand und Palmen geschrieben? Vergesst das. Die Tropen sind in ein paar Monaten auch noch da. Dieser Wintertag aber bleibt im Gedächtnis.

Zu Abend finden wir uns auf dem Rastplatz kurz vor Mesa Verde Nationalpark ein, wo vor exakt zwei Monaten, am 12. November, ein Officer der Highway Patrol uns das Übernachten gestattet hat. Warum sollte das für heute nicht auch gelten?

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