Vermillion Cliffs National Monument, Utah + Arizona – Die Dauerwelle in Stein

Wir marschieren früh los, dem Rat eines netten erfahrenen Polizisten folgend, den wir im BLM Office in Kanab getroffen haben. Der Weg zu den mittlerweile berühmten North Coyote Buttes ist nicht etwa ein gekennzeichneter, gepflegter Wanderweg. Er ist nichts davon. Die Ranger haben ausdrücklich davor gewarnt, irgendwelchen Steinmännchen zu folgen, die manchmal auch von Wanderern aufgestellt werden, die sich verlaufen. Die Wegbeschreibung, die wir erhalten haben, enthält eine Karte, eine Textanleitung, Fotos von Landmarken, GPS-Daten und Kompasskurse. Das funktioniert recht gut, auch wenn nicht immer alle erwähnten Schilder und Kennzeichnungen vorhanden sind.

Das Wandern im Winter hat den Vorteil, dass es keine von den eher ungeliebten Tieren ganz ohne oder mit sehr vielen Beinen gibt: Klapperschlangen, Taranteln oder Skorpione sind typische Wüstenbewohner dieser Region. Obwohl sie natürlich nicht aggressiv sind, sondern wir sie mit unserer Unachtsamkeit provozieren, sollten alle, die zu wärmeren Jahreszeiten wandern, trotzdem lieber die Augen und Ohren offenhalten. Die kleinen, äußerst stachelbewehrten Kakteen, die überall in Utahs Wüstensand wachsen, wirken im Schnee so seltsam deplatziert. Eis und Schnee auf steilem Sandstein erfordern Aufmerksamkeit und gutes Schuhwerk. Meine Wanderschuhe „made in Germany“ haben noch lange keine 1000 km auf dem Tachometer und lösen sich gerade in ihre Bestandteile auf. Na toll – der nächste Schuhladen ist vermutlich Tage entfernt.

Die Zehn-Kilometer-Wanderung ist beschwerlich. Man läuft entweder durch weichen Sand oder klettert bergauf oder bergab über die Ausläufer eines Sandsteinhöhenzuges. Die reine Laufzeit ist mit drei bis vier Stunden angegeben, das kommt locker hin. Obwohl wir insgesamt über sechs Stunden hier verbringen werden. Wir können uns nicht satt sehen, und hunderte von Fotos entstehen. Aber eigentlich sollte man 100 Kilometer laufen müssen, um es sich verdient zu haben, das zu sehen: Die North Coyote Buttes sind bizarr geformte Sandsteinkuppeln und -dome, die von dünnen, parallel verlaufenden Streifen in Weiß, Rot, Gelb, Rosa, Purpur und Kastanienbraun überzogen sind. Zu Zeiten, als Dinosaurier diese Gegend unsicher machten, waren dies Sanddünen. Sie wurden im Laufe der Geschichte von einer weiteren Lage Sediment bedeckt und versteinerten unter diesem Gewicht. Als sich das Colorado Plateau zu heben begann, wurde die jüngere Gesteinsschicht wieder abgetragen und die steinernen Dünen freigelegt. Erosion tat ihr Übriges und Mineralien sind für die grellbunten Streifen verantwortlich.

Der Höhepunkt der Wanderung ist ein künstlerisches Meisterwerk, das die Natur an dieser Stelle geschaffen hat. In wildesten und doch ganz weichen Formen hat sich ein Tal zwischen einigen Domen gebildet, mal breiter, mal enger, und die Streifen im Stein wirbeln und winden sich von einer Kuppe durch die Vertiefung den nächsten Hügel meterweit wieder hoch. Dieser einmaligen Formation wurde der Name The Wave, die Welle, verliehen. Hier wird auch schnell deutlich, warum die tägliche Personenzahl begrenzt wurde. Alle Wanderer laufen natürlich in der Wave herum. Sandstein ist weich, und schon zeichnen sich menschliche Trampelpfade ab. Außerdem würde fotografieren zur Herausforderung. Wir sind heute Morgen als erste da und haben nicht nur den Vorteil der leuchtenden Farben, die im Laufe des Tages verblassen. Als später noch rund 14 weitere Wanderer eintreffen, werden Bilder ohne Menschen nahezu unmöglich.

Wir warten einfach, bis alle wieder gegangen sind, bevor wir uns auf den Rückweg machen. Nach einem Viertel der Strecke überqueren wir wieder die imaginäre Linie zwischen Arizona und Utah. Wenig später kommt aus einem Seitental ein japanisches Pärchen gekrochen, Schweißperlen auf der Stirn und völlig ausgelaugt. Sie haben sich verlaufen und finden den Weg nicht. Zugegeben, es gibt eine kritische Stelle. Und anscheinend hat das Straßennavigationsgerät, das der Mann in der Hand hält, nichts zur Verbesserung der Lage beigetragen. Die Dinger sind prima zum Autofahren, aber zum Wandern unpraktisch. Man stelle sich nur vor, Lissy würde andauernd drängen: „Drehen Sie wenn möglich um!“

Ein paar Mal schon ist mir aufgefallen, dass Japaner beim Wandern eher wie bei einem Sonntagsausflug aussehen. Funktionsbekleidung ist selten, und vor allem die Frauen machen sich fein: schickes Mäntelchen, hübscher Pullover, unpraktische Schuhe. Das Beste, das ich zu Gesicht bekommen habe, sind Turnschuhe. Auf steilem, mit Eis überzogenem Sandstein nicht gerade erste Wahl.

Für die Fahrt vom Highway #89 auf der House Rock Valley Road bis zum Wanderparkplatz Wire Pass Trailhead empfiehlt das BLM 4-Rad-Antrieb.

 

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