Grand Staircase – Escalante National Monument, Utah – Die weißen Geister

Die weißen Steinsäulen sind so fragil, dass sie jahrelang versteckt wurden. Ihre Position wurde geheim gehalten, Fotografen gaben im Internet und in ihren Büchern nicht einmal den Namen preis, um nicht auf ihre Lage schließen zu lassen: die White Hoodoos of Wahweap Creek. Das führt dazu, dass findige Führer für unverschämte Gebühren Interessierte dorthin brachten. Das jedoch konnte nicht im Sinne des Bureau for Land Management sein. Die Hoodoos befinden sich auf Public Land, öffentlichem Land im Besitz aller Amerikaner. Damit ist es nicht in Ordnung, wenn sich Einzelne daran bereichern. Seit ein paar Jahren gibt das BLM die Position der Wahweap Hoodoos heraus zusammen mit einem Merkblatt über Verhaltensregeln an den zerbrechlichen Steinsäulen. Allerdings nicht freiwillig, sondern nur auf Anfrage.

Die Anfahrt ist dennoch nicht ganz einfach, da Hinweisschilder fehlen. Lediglich am Startpunkt des Fußmarsches steht ein schlichtes Schild. Dann folgen 16 Kilometer Wanderung (Hin- und Rückweg) durch ein Flussbett: Man läuft durch Sand, über Flusssteine und durchquert ein dutzend Mal einen der Flussarme, die sich durch das breite Bett ziehen. Die Belohnung ist überwältigend. Die strahlend weißen Hoodoos sind imposant, einige davon viele Meter riesig. Die Säulen, die das Glück haben, noch im Besitz ihres dunklen Deckels zu sein, werden noch einige Zeit überleben. Andere hatten weniger Fortune und schmelzen vor sich hin wie Eis in der Sonne. Die ganze Umgebung ist mit weißem Gipssand überdeckt. Eine der Säulen hat das Aussehen eines Elfekönigs, der seine Krone stolz auf dem hocherhobenen Kopf trägt und seine Robe um sich schlingt. Doch für alle hat der Verfall bereits begonnen, manche stehen so nahe an der Abbruchkante des Flussbetts, dass schon der nächste Regenfall sie wegspülen kann. Selbst bei noch so vorsichtiger Verhaltensweise lässt jeder Fußtritt, jede Handberührung ein paar Krümel herunterrieseln. So paradox es auch klingen mag: Jeder, der nicht hierher kommt, trägt zu deren Erhalt bei. Es regt sich ein schlechtes Gewissen in mir, und doch: an der weißen Wand dahinter entstehen bereits neue Hoodoos. Die Natur baut auf, die Natur zerstört.

Ein wenig verwirrend ist, dass es drei Gruppen von Hoodoos gibt: Von Süden kommend stehen in der ersten Ansammlung die größten Säulen. Die mittlere Gruppe besteht aus vielen kleineren Gnomen und die nördlichste birgt die elegantesten und anmutigsten Formen. In der Broschüre der Ranger ist nur von zwei Gruppen die Rede, der mittleren und der letzten. Die erste wird ignoriert, vielleicht weil sie so unübersehbar am Flussbett liegt, die anderen sind ein wenig hinter der Ecke versteckt.

Zu all diesen Wanderungen sei angemerkt, dass viele von ihnen einiges an körperlicher Fitness erfordern, z.B. die Fähigkeiten zu klettern und Kondition. Man läuft durch weichen Sand, über Berge, an ungesicherten Absätzen und Kanten entlang, durch Schlamm und Wasser. Gute Navigationsfähigkeiten und Orientierung sind auch manchmal gefragt. Es lauern Gefahren wie Klapperschlangen und in den Schlitzschluchten kann ein entfernter unerwarteter Regenguss (vor allem im Sommer) zu einer Springflut führen, in der man ertrinken kann, wenn man nicht schnell genug wieder aus dem Canyon herauskommt. Was bei den engen Schluchten mit mancher Kletterei zum echten Problem werden kann, vor allem wenn der Sandstein nass und glitschig wird. Sorgfältige Einschätzung des Wetterberichts ist vonnöten. Und nicht zu vergessen das Fahrzeug mit 4-Rad-Antrieb und Bodenfreiheit, ohne dass man meist nicht weiterkommt. Wer nicht das passende Vehikel hat oder seinen Navigations- oder Englischkenntnissen nicht traut, der kann in den umliegenden Orten geführte Touren buchen – für entsprechende Gebühr natürlich.

Leave a Reply

You must be logged in to post a comment.