Avenue of the Giants, Kalifornien – Die höchsten Bäume der Erde

Um 8:00 Uhr hält ein weißer Pick-up auf dem Platz. Ihm entsteigt eine Rangerin mit resoluter Figur und ebensolchem Auftreten. Eine kurze Diskussion entspinnt sich mit unserem Nachbarn, bevor Geld gegen ein Stück Papier getauscht wird. Dann klopft es an unsere Tür. Wir hätten unerlaubt in einem State Park gecampt. In Kalifornien dürfe man nicht auf einem Parkplatz kampieren, man müsse immer einen Campingplatz benutzen. Die Campinggebühr in diesem Park betrage 35 $, und die möchte sie jetzt kassieren. Damit hätten wir heute in den State Parks freien Eintritt. Alternativ könne sie uns einen Strafzettel ausstellen. Wir halten es für unangebracht, sich mit einem amerikanischen Law Enforcement Officer anzulegen und zahlen den saftigen Übernachtungspreis.

Nur zwei Kilometer weiter verkündet ein Schild, dass wir den State Park verlassen. Da haben wir wohl gestern Abend in der Dunkelheit nicht darauf geachtet. Der nächste staatliche Campground, den wir unter die Lupe nehmen, hat Plumpsklos, keine Hook-ups oder auch nur Duschen und kostet ebenfalls 35 $, ein weiterer mit definitiv unbenutzbaren Plumpsklos 25 $. Das scheinen hier die üblichen Tarife zu sein. Ein klein wenig erinnert mich das an das südliche British Columbia, das uns auch nicht ganz so überzeugt hat.

Wir kurven weiter am Meer entlang und an Zedernalleen, durch das durch ein Lied bekannt gewordene, recht touristische Mendocino, bis der Highway No. 1 in einem Bogen die Küste verlässt und bei Legget schließlich sein nördliches Ende findet. Wir bleiben nur kurz auf dem gut ausgebauten anschließenden Hwy # 101 und biegen hinter Garberville in die Avenue of the Giants genannte Nebenstraße im Humbold State Park ein. Dies ist der südlichste einer ganzen Kette von Parks, die die wenigen Restbestände der Redwoods im nördlichen Kalifornien schützen.

Die zu Deutsch Küstenmammutbaum genannte Art bildet mit bis zu 113 m die höchsten Bäume der Erde, mit zu den ältesten zählen sie auch. Manche Exemplare haben schon vor Christi Geburt ihre Wurzeln geschlagen. Sie wachsen ausschließlich in einer Zone gemäßigten Regenwalds zwischen Oregon und Santa Cruz in Kalifornien. Aus allen anderen Gebieten haben sich die Bäume, die zu Dinosaurierzeiten die gesamte Nordhalbkugel bedeckten, seit der letzten Eiszeit zurückgezogen, da es ihnen zu trocken und zu heiß geworden ist. Weil ihr dauerhaftes, witterungsresistentes Holz von höchstem Interesse für die Forstindustrie ist, wurden seit der weißen Besiedlung die ursprünglichen 8000 km2 auf weniger als vier Prozent reduziert. Das hatte erhebliche Auswirkungen nicht nur für die Bäume selbst, sondern für das gesamte Ökosystem. Wie in Kanada auch machte man sich nicht allzu viele Gedanken über Wiederaufforstung, sondern überließ den entblößten Boden der Erosion. Pflanzen- und Tierarten zogen sich zurück, Flüsse versandeten mit angeschwemmtem Erdreich und Fischlaichgründe verschwanden in solchem Ausmaß, dass der Lachsbestand drastisch zurückging. Erst dann wurden von Seiten der Regierung Maßnahmen ergriffen, die Restwälder zu retten und Wiederaufforstung zu betreiben. Mit Erfolg, verlautet es.

Ein besonders schöner Abschnitt im Humboldt State Park ist die Mattole Road # 211, die nach Westen abzweigt. Statt wieder zurückzufahren, folgen wir der engen holprigen Nebenstraße, die in steilen Auf- und Abstiegen über zahlreiche Höhenzüge bis an die einsame Küste führt, die passend Lost Coast heißt.

 

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