Medford, Oregon – Neugierige Fragen

Das Geräusch tropfenden Regens wird allmählich ersetzt durch etwas viel Leiseres. Gegen Morgen dann rutschen Platten zu schwer gewordenen Schnees lautstark über die abgerundeten Dachkanten der Kabine. Über Nacht sind 15 cm nassen pappigen Schnees gefallen. Bäume stürzen um unter dem Gewicht, Steine lösen sich von den Bergen und purzeln auf die Straße. Wir sind froh, endlich auf der I 5 anzukommen, wo sich die weißen Flocken langsam wieder verflüssigen und sich sogar der Regen irgendwann verzieht.

Oregon hat, im Gegensatz zu den meisten anderen Staaten, keine Sales Tax, Mehrwertsteuer. Daher bleiben wir heute Nachmittag in Medford, der einzigen größeren Stadt in der Nähe, um einige Besorgungen zu machen und vor allem vollzutanken. Wie immer erregen wir überall Aufmerksamkeit. US-Amerikaner kommen relativ unverblümt zur Sache. „Was zum Teufel ist das denn?“, lautet die stets gleiche, anscheinend wichtigste Frage zum Fahrzeug. Gleich dahinter rangiert, manchmal nur als einzige Frage quasi im Vorbeifahren aus dem Autofenster gebrüllt: „What’s your mileage? Wie viel verbraucht das Fahrzeug?“ Als Antwort erwidert man, wie viele Meilen das Vehikel mit einer Gallone Kraftstoff fahren kann – mit der Angabe x Liter pro 100 km kann hier niemand etwas anfangen. Obwohl Benzin und Diesel noch immer um einiges günstiger sind als in Europa und die großen amerikanischen Autos wahre Spritfresser sind, scheint der Verbrauch dennoch ein wichtiges Thema zu sein. Unsere Antwort, 12 Meilen pro Gallone, ruft regelmäßig Erstaunen vor, brauchen manche ihrer größeren Pick-ups fast das Doppelte. German Engineering ruft immer wieder Bewunderung hervor.

Eine weitere, von wildfremden Menschen oft unverblümt gestellte Frage ist, woher man so viel Geld für eine derartige Reise hat. Die Antwort, 15 Jahre hart in der Wüste gearbeitet, dabei sein Geld nicht ausgeben gekonnt und stattdessen gespart zu haben, scheint befriedigend zu sein. Das entspricht so ziemlich dem American Dream: Hart arbeiten, Geld verdienen, etwas aus sich machen, das geht in Ordnung und ist irgendwie besser als erben oder im Lotto gewinnen.

Man sollte diese neugierigen, sehr direkten Fragen nicht als unhöflich oder offensiv empfinden, das ist eben die amerikanische Mentalität.

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