Petrified Forest National Park, Arizona – Orkan im Steinwald

Immer wilder tobt der Wind. Als wir den Giant Logs Trail hinter dem Besucherzentrum ablaufen, kann man die Kamera schon fast nicht mehr halten. Auf dem Crystal Logs Trail ein paar Kilometer weiter wird sogar das Laufen oder gar Stehen schwierig Wir müssen uns weit in den Wind lehnen, um nicht einfach weggeweht zu werden. Unser Windmesser zeigt Böen von bis zu 111 km/h an, das entspricht Windstärke 11, orkanartiger Sturm. Das Atmen im Luv fällt schwer, die Lunge schmerzt wegen der Druckunterschiede. Selbst die Ohren tun weh, wenn die Zugluft aufs Trommelfell donnert. Mir ist schwindlig im Kopf, und klares Denken fällt schwer. Die statische Aufladung ist schon so hoch, dass es einen Funken gibt, als Jörg den Autoschlüssel ins Türschloss steckt. Flagstaff vermeldet bereits Schnee, über dem Grand Canyon ist ein Blizzard ausgebrochen (zum Glück sind wir nicht dort). Es gibt Warnungen, die Interstate 40 möglicherweise zu sperren. Die milchig-gelben Sonnenuntergänge der letzten drei Tage ohne einen Schimmer von orange oder rot hatten das Unwetter bereits angekündigt.

Wir wollen den Tag dennoch so gut wie möglich nutzen und uns die wunderschönen farbigen versteinerten Bäume des Nationalparks nicht entgehen lassen. Überall liegen verstreute Stammteile herum. Wo sich größere Ansammlungen oder besonders farbige befinden, wurden Aussichtspunkte oder kurze Spazierwege eingerichtet. Aber wie kamen die Hölzer mitten in die Wüste und wie wurden sie zu Stein?

Vor Jahrmillionen, also noch Dinosauriers über die Erde streiften, war diese Ebene fruchtbar, bewaldet und mit Flüssen durchzogen. Überschwemmungen rissen Bäume mit sich und deponierten sie flussabwärts in einem Sumpfgebiet, wo die Stämme mangels Sauerstoff nicht verrotten konnten. Im Laufe der Zeit wurden die Marschen von diversen Lagen Schlamm, Asche, Sand und immer wieder auch von Seen oder Meeren bedeckt. Einsickerndes Wasser reicherte sich mit Mineralien und in der Ascheschicht vor allem mit Kieselerde an und tränkte die begrabenen Bäume. Die Kieselerde kristallisierte in den Pflanzenzellen aus und füllte sie schließlich mit dem daraus entstehenden Quarz. Wird der Versteinerungsprozess an dieser Stelle, z.B. durch Wassermangel, unterbrochen, behalten die Stämme eine braune Farbe und ihre Holzstruktur. Erst beim Anfassen merkt man, dass es sich um Stein handelt.

Wird die Versteinerung fortgesetzt, ersetzt der Quarz bald auch die Zellwände und die mitgeführten Mineralien färben den Stein bunt. Eisen bringt gelbe, orange, rote, schwarze und Ockertönungen hervor. Blau, lila, braun, schwarz und farnartige Muster hingegen stammen von Mangan. Karbon, Chrom und andere Minerale können ebenfalls präsent sein. Die vollständige Versteinerung erzeugt eine Pseudomorphose: eine Holzkopie. Durch Anhebung des Bodens und Erosion kamen die Bäume nach und nach ans Tageslicht. Erdbewegungen verursachten Risse in den Stämmen, Wasser und Frost spalteten sie und hinterließen Bruchstücke, die wir heute sehen.

Neben den Versteinerungen gibt es im Petrified Forest National Park Fossilien, ein paar Ruinen und Petroglyphen zu sehen. Vor allem im Nordteil des Parks bekommt man schöne Ausblicke in die Painted Desert, zu Deutsch farbige Wüste, gestreifte Steinhügel ähnlich der Badlands in South Dakota, die bei unterschiedlichem Lichteinfall jeweils anders wirken. Im Moment jedoch sind die Aussichten wegen des Sandsturms eher trübe. Bevor das Wetter irgendwelche anderen Dummheiten macht, lassen wir uns vom Rückenwind nach New Mexico bis nach Albuquerque schieben, um den Sturm auf unseren Fersen wissend. Hier erwarten uns Laura und Brad bereits mit Spaghetti und Bier. Die beiden haben einen Unimog 416 Doka mit winziger Camperkabine. Brad hatte uns vor ein paar Monaten eingeladen, nachdem er unsere Website entdeckt hatte.

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