Tucson, Arizona – Unantastbare persönliche Freiheit

Tucson liegt 100 Meilen südöstlich von Phoenix und musste Anfang des 20. Jahrhunderts ihre Hauptstadtfunktion an letztere abgeben. Mit gut einer halben Million Einwohner und knapp einer Million mit Umland ist sie dennoch zweitgrößte Stadt Arizonas und wichtiges Wirtschaftszentrum. Die Fahrt auf der geschäftigen I 10 lässt uns manchmal schauern. Etwa 45 % der motorisierten amerikanischen Menschheit telefoniert mit dem Handy beim Fahren. Weitere 45 % texten wie wild auf ihrem Mobiltelefon herum und schenken dem Verkehr nur gelegentlich ihre Aufmerksamkeit. Zumindest im städtischen Bereich sind vielleicht nur 10 % bei der Sache. Gerade an Autobahnauffahrten führt das gelegentlich zu Komplikationen, wenn SMS-schreibende Fahrzeugführer am Ende des Beschleunigungsstreifens unerwartet feststellen, dass ein Handlungsbedarf ihrerseits besteht. Umgekehrt ist es genauso schwierig, wenn man selbst auf den Freeway auffahren möchte, neben sich aber einen mobil telefonierenden Artgenossen hat, der je nach Gesprächsstimmung unberechenbar mal mehr, mal weniger Gas gibt.

Wie hoch mag wohl der Prozentsatz an Unfällen sein, die durch Telefonieren oder Texten mit dem Handy verursacht werden? Permanente Radio- und Plakatkampagnen vergleichen die Gefährlichkeit von text and drive mit Alkohol am Steuer. Wenn aber ein amerikanischer Bundesstaat versucht, ein Gesetz gegen diese gefährliche Unsitte zu erlassen, ertönt ein allgemeiner Aufschrei. Das sei ein Eingriff in die Privatsphäre, der Staat solle sich gefälligst aus den Privatangelegenheiten seiner Bürger heraushalten. Die persönliche Freiheit eines Amerikaners ist eben unantastbar und dazu gehört anscheinend auch, andere Menschen auf der Straße wegen Unaufmerksamkeit umbringen zu dürfen.

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