Tucson, Arizona – Die Wüste lebt

Das Arizona-Sonora Desert Museum begeistert uns nicht ganz so, wie es uns durchgängig alle Reiseführer und Bewohner Tucsons Glauben machen wollen. Das liegt natürlich an uns, da Zoos immer gemischte Gefühle in uns hervorrufen. Denn das ist das Wüstenmuseum: eine Mischung aus botanischem Garten mit über 1200 Pflanzen und Zoo mit 300 lebenden Tierarten, alle in ihrer natürlichen Wüstenumgebung. Dazu kommen sehr schöne Mineralienausstellungen und weitere Themen. Das Desert Museum ist nur wenige Minuten vom Campingplatz entfernt und so beginnen wir unsere Tour am frühen Morgen. Doch schon wenig später füllt sich das Gelände mit mehr Erwachsenen und Kindern, als das an einem Montagmorgen zu erwarten gewesen wäre.

Natürlich ist die geballte Ansammlung verschiedener Wüstenpflanzen einmalig. Die meisten davon kann man aber bei Wanderungen draußen, ohne 14,50 $ Eintritt pro Person (im Winter) zu bezahlen, auch sehen. Das gilt ebenso für viele der Tierarten. Obwohl man vielen Tieren vielleicht etwas näher kommt als in der Natur. Das gilt beispielsweise für die beiden begehbaren Vogelhäuser, wo 40 verschiedene Vogelspezies in dem einen und ausschließlich Kolibris in dem anderen umherfliegen. Die Großkatzen wie Puma und Ozelot haben begrenzte Reviere und ziehen es vor, irgendwo im Schatten dösend auf die nächste Fertigmahlzeit zu warten. Auch der seltene mexikanische Wolf hat weit weniger Auslauf als ihm zustehen würde – allerdings würde man ihn sonst auch kaum zu Gesicht bekommen.

Recht agil und munter wirken zwei typische hiesige Wüstenbewohner: das Javelina und der erst kürzlich aus dem Süden zugewanderte Coatmundi. Javelinas heißen im Deutschen Halsbandpekaris oder schlicht Pekaris. Sie sehen unseren europäischen Wildschweinen sehr ähnlich und benehmen sich fast so, sind aber keine Schweine und nicht näher mit diesen verwandt. Die bis zu 60 cm großen Tiere wühlen im Boden nach Fressbarem, ihre Lieblingsspeise aber sind die stacheligen Feigenkaktusfrüchte, von denen sie geschickt die Schale abziehen, sofern sie nicht allzu hungrig sind. Sonst fressen sie alles mit Haut und Stachel. Sie sind extrem kurzsichtig, besitzen aber einen guten Geruchssinn und scharfe Eckzähne. Aggressivität ist den Pekaris fremd, es sei denn es geht um die Verteidigung ihrer Jungen.

Coatmundis wanderten vermutlich erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Nordamerika ein. Die waschbärähnlichen Tiere haben eine spitze Nase und einen langen buschigen Schwanz, den sie beim Klettern auf Bäume geschickt einsetzen. Coatmundis oder kurz Coatis sind südamerikanische Nasenbären und werden in Mexiko chulos – Banditen – genannt. Was vermutlich daher kommt, dass sie von Insekten über Kleintiere, Schlangen, Abfall und Aas bis hin zu Gemüse, Früchten und Kakteen so ziemlich alles jagen und verschlingen. Und das auch noch in Horden von bis zu 40 Tieren. Die möchte man lieber nicht im Vorgarten haben.

Die Tierpfleger veranstalten auch Shows mit ihren Schützlingen. So gibt es z.B. eine Echsenvorführung und einen Raubvogelfreiflug. Ans sich gut gemacht, aber eben auch extrem gut besucht. Das Desert Museum bringt seine Botschaft, Verständnis zu wecken für das Ökosystem Wüste sehr gut rüber. Ein Besuch ist ideal für Kinder, Menschen, die Zoos mögen und solche, die keine Zeit oder keine Lust haben, die Wüste langwierig zu erwandern. Wer trotz der guten Absicht beim Anblick von Tieren hinter Gittern Depressionen bekommt und nicht traurig ist, den einen oder anderen Wüstenbewohner nicht persönlich kennengelernt zu haben, mag über die Einsparung des hohen – wenn auch angemessenen – Eintrittspreises nachdenken.

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