Tecate, Baja California Norte – Illegal in Mexiko?

Wir dachten, sich den ruhigsten Grenzübergang zur Baja California auszuwählen, wäre eine clevere Idee. Aber es geht schon mal damit los, dass es kein US-Grenzgebäude bei der Ausreise gibt. Ich muss aber die Visumskärtchen aus dem Pass an einen amerikanischen Grenzbeamten abgeben. Der nette Border Patrol Officer, den ich nach dem Weg zum Einreisegebäude frage, nimmt mir die Karten freundlicherweise ab. Dann fahren wir einfach durch die sich öffnende Schranke und sind in Mexiko. Wir stehen sofort mitten in der Stadt. Keine Kontrolle, keine Grenzbeamten, aber auch kein Stempel im Pass, kein Importaufkleber fürs Auto. Hilfe, wir sind Illegale! Die Baja California bietet bei der Einreise ein paar vereinfachende Besonderheiten – momentan zu einfach für uns. Man darf sich hier sieben Tage ohne Touristenkarte aufhalten und die Genehmigung für den vorübergehenden Import eines Fahrzeugs benötigt man gar nicht, wenn man die Baja nicht verlässt.

Ich sehe Handlungsbedarf für uns und bewege Jörg zum Anhalten. Es gibt etwas Chaos, bis der Sicherheitsdienst des Grenzgebäudes ein paar Pylone zur Seite räumt, um einen Platz für Arminius frei zu machen. Aber wo ist das Büro? Ein paar tarn-uniformierte Soldaten sprechen nur spanisch und fuchteln herum, doch schließlich finde ich den Eingang. Der diensthabende Beamte muss erst mal den Fernseher leiser drehen, damit er mich versteht. Immerhin spricht er englisch. Meinem Ansinnen, eine Touristenkarte zu bekommen, begegnet er mit Unverständnis: „Aber die kostet 23 $!“ Schließlich stellt er mir doch zwei Zettel aus und schickt mich zur Bank zum Bezahlen „die Straße runter“. Von einer Genehmigung fürs Auto weiß er nichts, will aber seinen Vorgesetzten fragen, wenn ich wiederkomme. Diese Ausrede kenne ich, also hake ich das Auto ab. Das können wir auch noch in La Paz erledigen, bevor wir aufs Festland verschiffen.

Kaum bin ich einen Kilometer gelaufen, finde ich auch schon die Bank, die rappelvoll ist an einem Montagmorgen. Ich stehe eine geschlagene Stunde an, bis ich meine Gebühren bezahlen kann. Kein Mensch spricht englisch. Zur allgemeinen Unterhaltung läuft auch hier der unverzichtbare Fernseher. Ich fühle mich zurückversetzt nach Ägypten. Eigentlich fühle ich mich hier wie zu Hause. Ein Kind beginnt zu schreien und alle anwesenden Babys brüllen aus Solidarität mit. Die Erwachsenen bleiben entspannt, und nach einer Minute hat sich alles wieder beruhigt. Ob sich Jörg, der beim Auto geblieben ist, Sorgen macht, wo ich bleibe? Der nette Wachmann hat ihn zwischenzeitlich beruhigt und ihm zu verstehen gegeben, dass das montags einfach dauern kann. Bereits zweieinhalb Stunden später haben wir unsere Touristenkarten. Ob das an einem reger frequentierten Grenzübergang vielleicht doch schneller gegangen wäre?

Und noch etwas muss man wissen: Überquert man die Grenze nach Mexiko und zeigt die Ampel grünes Licht, darf man weiterfahren. Zeigt sie rot, was bei jedem zehnten der Fall ist, muss man rechts heranfahren und wird kontrolliert. Nur steht das in Tecate nirgends dran und Beamte sind auch keine zu sehen. Was dazu führt, dass Unwissende ungeachtet der Ampelfarbe einfach weiterfahren, sobald die Schranke sich hebt, nur um sofort von einem Grenzfahrzeug mit Sirenengeheul verfolgt zu werden. Ein lustiges Land. Das ist das organisierte Chaos.

Dann tanken wir noch Diesel auf für 57 Eurocent pro Liter und machen von jetzt an alles falsch, was man im tödlich gefährlichen Mexiko falsch machen kann. Der paranoide Amerikaner, der noch den Mut besitzt, in sein südliches Nachbarland zu reisen, kennt zwei Regeln. Erstens: Lasse keinen Mexikaner wissen, wo du bist und wo genau du hinfährst. Zweitens: Fahre am frühen Morgen über die Grenze und lege mehrere hundert Meilen zurück, um möglichst weit aus dem Grenzgebiet herauszukommen. Wir schaffen gerade mal zehn Kilometer und haben uns den Weg zu Fritz Senior von Fritz Junior ganz genau beschreiben lassen. Jetzt fahren wir auf einer Staubstraße hinter Tecate in einsame Berge. Was, wenn das eine Falle ist? Lächerlich!

Fritz Junior mit dem deutschen Namen und dem südländischen Aussehen sprach uns heute Morgen vor der Bücherei an. Anschließend verabredeten wir uns an der Bank direkt vor dem Grenzübertritt, wo seine Schwester Fresia arbeitet, die uns eine Skizze anfertigt, damit wir das Grundstück, wo sie und ihr Vater wohnen, finden. Da winkt schon Fritz der Ältere und hier steht auch sein Unimog 406. Das Schwäbische kommt dem Heidelberger auch nach Jahrzehnten in den USA und in Mexiko noch fließend über die Lippen. Und so endet unser erster Tag in Mexiko mit einem Rundgang über die 10 ha große Farm, wo es ein paar Kartoffeln und Obstbäume, viele Hunde und noch mehr Wildnis gibt.

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