Coco’s Corner, Baja California Norte – Boxenstopp mit kalten Bier

Die Straße ab Puertecitos nach Süden bis zur MEX 1 war berüchtigt. So berüchtigt, dass nur wenige Unentwegte die Mühen auf sich nahmen, die katastrophale Piste im Schneckentempo entlang zu rumpeln. Heute arbeitet die mexikanische Regierung mit Hochdruck an vielen Straßenprojekten, unter anderem auch daran, diesen Schandfleck mangelnder Zivilisation in die Neuzeit einzuführen. Bis kurz hinter Campo Cinqo Islas ist die MEX 5 mittlerweile asphaltiert. Was danach kommt, stellt höchste Ansprüche an Reifen, Federung und Dämpfung, sowie an die Geduld des Fahrers. Nur wenige Stellen sind „gutes“ Waschbrett und so breit, dass man mit ausreichender Geschwindigkeit über die Wellen „fliegen“ kann. Der Rest wiederum ist so schlecht, dass man im Schneckentempo mit kaum mehr als 15 km/h entlang kriecht. Und das über 92 km.

Da kommt eine Erholungspause recht, zum Beispiel an der Bahia San Luis Gonzaga. Die weitläufige Bucht hat Sandstrand, ein paar winzige Siedlungen, eine PEMEX-Tankstelle mit Benzin, aber ohne Diesel, einen Minimarkt, wo man alles Mögliche, vor allem aber Bier kaufen kann, ein Restaurant und einen einfachen Campingplatz am Strand. Außerdem gibt es eine Buschlandepiste, wo die Besitzer der rustikalen Strandhäuschen mit ihren eigenen Propellerflugzeugen einfliegen können. Wir quälen uns weiter über den Track, der zum Teil von der Rallye Baja 1000 mitbenutzt wird. Manche klagen, dass das Rennen die Piste zerstört. Andere sagen, dass die Rennfahrzeuge Spuren ausfahren, die andere dann benutzen können. Die Offroad-Rallye findet alle zwei Jahre statt, die letzte im November 2010.

Wie die Rennteilnehmer legen wir einen Boxenstopp ein an Coco’s Corner, das sogar auf den meisten Landkarten verzeichnet ist. Das Café ist eine Institution, der Besitzer eine Legende. Seit Coco 1990 als Folge eines Arbeitsunfalls ein Bein verlor, zog er sich in die Wüste zurück und bietet seitdem abgeschlagenen Reisenden kaltes Bier, Erfrischungsgetränke, manchmal ein paar Burritos und einen Platz zum Übernachten. Schon von Weitem glitzern und klappern tausende von Bierdosen, die Coco an den Zäunen entlang seiner Grundstückgrenzen aufgehängt hat. Vor kurzem musste auch sein zweites Bein amputiert werden und gerade unterzog er sich einer erneuten Operation, von der er sich zurzeit in Ensenada erholt. Ein Freund kümmert sich um das Café, der auch dafür sorgt, dass sich Besucher in das umfangreiche Gästebuch eintragen. Wir finden jedoch nur wenige Einträge von Weltreisenden.

Dafür überschlage ich, dass mindestens die Hälfte aller Vorbeikommenden anhält, um sich ein Bier oder gar ein Sixpack zu schnappen. Bier ist das mexikanische Nationalgetränk. Wegen seines meist nur geringen Alkoholgehalts kann man bedenkenlos anscheinend auch während der Fahrt eines schlürfen. Die letzten 12 km Piste bis zur MEX 1 und entlang der Straße liegt der Parque Natural del Desierto Central. Das Naturschutzgebiet läuft auch unter dem Namen Valle de Cirios. Neben abertausenden von Saguaros wachsen hier Orgelpfeifenkakteen, Josuabäume, Agaven, Cylindropuntien, Mesquitebüsche, die speziellen Elephant Trees und vor allem Cirios, meterhohe Stängel, die aussehen, als wären sie mit Barthaaren bewachsen. Die ganze Pracht kostet keine Pfennig Eintritt.

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