Topolobampo, Sinaloa – Wie riecht eine mexikanische Fährfahrt?

Die Fähre nach Topolobampo, wie der Hafen bei Los Mochis genannt wird, soll um 14:30 ablegen. Wir finden uns um 10 Uhr im Hafen ein, unsicher, wie lange die Prozedur dauern wird. Als erstes passieren wir den Zoll, da die Fahrzeugpapiere beim Übersetzen von der ausnahmegeregelten Baja aufs Festland kontrolliert werden. Dann muss man einen Knopf drücken, der bei neun Passagieren ein grünes Licht aufleuchten lässt, bei jedem zehnten aber Rot zeigt. Die Lampe blinkt rot, und der ausgesprochen höfliche Zöllner muss unser Fahrzeug kontrollieren. Das kurzfristige Öffnen je zweier Schranktüren und Schubladen sowie der Badezimmertür nimmt kaum mehr als eine Minute in Anspruch, damit ist der Pflicht genüge getan. Die chronisch schlechtgelaunte Dame im TMC-Büro fragt, ob wir ein Wohnmobil fahren. „Nein, einen kleinen Lkw.“ Ich habe meine Lektion gelernt. Wir werden auf die Waage geschickt, wo wir klassifiziert, vermessen und gewogen werden. Unsere persönlichen Daten werden bei „Fahrer“ und „Adjutant“ – das bin ich – eingetragen, denn in Mexiko haben die meisten Fahrer einen Beifahrer.

Zurück im Fährbüro sind wir gespannt auf das Ergebnis, da wir die Kodierung für die Fahrzeugklasse nicht entziffern konnten. Als Wohnmobil zu fahren wäre wesentlich teurer. Die Übellaunige tippt auf ihrer Computertastatur herum und präsentiert mir die korrekte Rechnung: Arminius verschifft als Kleinlaster bis sieben Meter für 3.300 Peso, der Beifahrer schlägt mit 710 MXN zu Buche. Damit sparen wir 2000 Peso gegenüber der Kleinwohnmobilklasse bei Bajaferries und weitere 2000 Peso zur Wohnmobileinheitsklasse bei TMC. Wir wurden nicht gefragt, aber unser Frachtgut wurde recht passend als „Ausrüstung“ bezeichnet. Die Preisunterschiede auf der längeren Fahrt nach Mazatlán sind noch höher. Kann man es sich zeitlich leisten, sollte man bei beiden Unternehmen Angebote einholen, bei Nichteinhaltung des Preisversprechens das Fährunternehmen wechseln und wenn nötig die Abfahrt verschieben, da die Fähren nicht an allen Tagen operieren. Bajaferries gilt als seriös, doch sind wir von TMC positiv überrascht.

Die Schifffahrt selbst – wir starten eine erwartete halbe Stunde zu spät – wird ein olfaktorisches Erlebnis. Im winzigen eisig klimatisierten Passagierraum mit zwei übergroßen Flachbildschirmen stehen die Toilettentüren – eine Toilette, ein Pissoir, weitere Unterschiede werden nicht gemacht – offen. Die Einrichtungen wurden gereinigt, ein blinder Lkw-Fahrer würde sie dennoch problemlos finden. Ich verlasse das Etablissement und passiere die Küche, deren wenig einladendes Odeur bedeutungslos bleibt, da sie nur die Besatzung verköstigt. Passagier können Chips, Kekse, Popcorn, mikrowellenerwärmte Tütensuppe und Erfrischungsgetränke erstehen. Wer mehr Komfort will, muss mit Bajaferries reisen, aber das lokale Flair ist eindeutig hier. Das nächste Geruchserlebnis beschert ein riesiger Lkw, erbaut um die Steinzeit herum, mit einer Motorhaube so groß wie unser ganzer Arminius, der hoch beladen mit frischem duftenden Heu hereinfährt. Was leider nicht lange anhält, denn die nächste Fracht besteht aus dutzenden dichtgedrängten stummen Ziegen mit ausladenden Hörnern auf einer Ladefläche, von der die Exkremente sicherlich auf das Schiffsdeck sickern können. Dieses Geruchserlebnis wird uns bis zum Ende der Fahrt erhalten bleiben.

Die Fähre ist ein deutsches Schiff von 1977, das seinen zuverlässigen Dienst tut. Es befinden sich nur wenige Frauen unter den meist aus Lkw-Fahrern bestehenden Passagieren, aber die müssen Gott täglich für die Erfindung von Lycra danken. Ohne Stretch dürfte es schwierig sein, sich in derart körpernah sitzende Shirts zu pressen, die nicht einen Schwimmring verschweigen. So wie die Fähre La Paz-Mazatlan statt der ausgeschriebenen 12 eher 16 bis 18 Stunden unterwegs ist, brauchen wir acht anstelle der angekündigten sechs Stunden. Auf dem offenen Oberdeck, wo meist die Kleinfahrzeuge landen, hätten wir uns im Fahrzeug aufhalten dürfen, aber wir verzichten freiwillig. Es ist zu warm und stickig, und zu sehen gibt es auch nichts. Das Entladen des zweistöckigen Schiffs mit Lift – eine Ladeklappe gibt es nur im Heck – geht zügig vonstatten, da die Fähre nicht voll ist und die meisten Fahrzeuge noch auf Deck wenden und vorwärts ausfahren können.

Es ist bald Mitternacht und wir brauchen einen Platz zum Schlafen. Auf dem Weg von Topolobampo nach Los Mochis passieren wir den Flughafen, an dessen Zufahrt wir eine große PEMEX-Tankstelle mit Verladestation für was auch immer und großem Parkplatz dahinter finden. Der Mann vom Sicherheitsdienst möchte ein Trinkgeld haben, was in Ordnung geht. Ich gebe ihm 20 statt der geforderten 30 Peso, worüber er auch glücklich ist. Der Flugverkehr, in dessen Einflugschneise wir uns befinden, setzt erst am Morgen ein. Somit haben wir eine ruhige und perfekt bewachte Nacht.

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