Durango, Durango – „The Wild Bunch“, jetzt mit Blaulicht

Einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangte Victoria de Durango, Hauptstadt des mexikanischen Bundesstaates Durango, als Kulisse für zahlreiche Hollywoodproduktionen, in erster Linie Western wie „The Wild Bunch – Sie kannten kein Gesetz“ oder „Pat Garrett jagt Billy the Kid“. Stars des goldenen Filmzeitalters wie Lillian Gish, John Wayne und Clark Gable, als auch neuzeitlichere Akteure wie Jack Nicholson John Belushi und John Travolta drehten hier Kinofilme.

Und doch spielte Hollywood nur eine kleine Rolle in der langen Geschichte Durangos, die bis zur Gründung 1563 zurückreicht. Zu ihren Wahrzeichen gehört die Barockkathedrale mit den Zwillingstürmen, wo in Vollmondnächten der Geist einer verliebten Nonne spuken soll. Ein Herrenhaus aus dem späten 18. Jahrhundert, Casa del Conde de Suchil, beherbergt mehrere Läden. Eine Bank siedelte sich fantastisch im quadratischen Innenhof an. Unter dem neuen Glasdach wurden die Wartebänke aufgestellt, die Schalter gruppieren sich in den Arkaden drum herum. Leider gestattet man uns nicht zu fotografieren, aber zumindest gelingt uns ein Schuss mit dem Teleobjektiv von außen. Am Regierungspalast ist vor allem das Innere interessant. Bekannte mexikanische Künstler des 20. Jahrhunderts gestalteten riesige Wandmalereien. Ein Teil des Regierungssitzes ist zwar geschlossen. Der freundliche Wächter lässt uns auf Anfrage trotzdem ein, um ein paar Bilder zu knipsen.

Der Aufreger des Tages passiert auf dem Weg nach Süden auf der MEX 45. Zunächst türmen sich Wolken vor uns auf, in der Ferne scheint es zu regnen, wir bekommen jedoch nur wenige Tropfen ab – Vorboten der herannahenden Regenzeit. Kurz vor Fresnillo halten wir auf dem Seitenstreifen, um eine PEMEX-Tankstelle auf ihre Tauglichkeit als Nachtlager zu prüfen. Plötzlich sind da ein Polizeiauto und zwei Beamte. Der „Redner“ spricht einen fürchterlichen Dialekt, von dem ich nur die Hälfte verstehe – maximal. Dann kommen noch zwei Einsatzfahrzeuge und vier weitere Beamte, von denen einer verständliches Spanisch spricht. Woher wir kommen, wohin wir fahren und was wir transportieren, will er wissen. Er lässt uns weiterfahren, als er erfährt, dass es sich um einen Camper handelt.

Doch wir werden verfolgt und kommen nicht weit. In Fresnillo werden wir von einem der Polizeiautos überholt und geschnitten, zwei weitere warten auf dem Seitenstreifen, bereit, uns gewaltsam anzuhalten, und wir werden filmreif gestoppt. Das haben die sicher in einer der Filmproduktionen gesehen. Oder durften die gar mitspielen? Plötzlich sind wir umringt von Uniformen und Blaulicht. Welche Aufregung um ein einzelnes Wohnmobil. Ich zähle fünf Wagen und zehn Beamte. Vielleicht ein bisschen viel für zwei Touristen? Diesmal bringen sie einen in Zivil mit, der englisch spricht. Die anderen neun stehen aufgereiht wie die Ölgötzen an einer Mauer und bemühen sich um ein unverbindliches Lächeln, um für den Fall, dass wir doch nur harmlose Touristen sind, einen nicht allzu schlechten Eindruck zu hinterlassen. Pässe und Führerschein werden kontrolliert, dann kommt wieder die Frage nach der Art des Fahrzeugs. Ob wir Waffen hätten? Nein. Messer? Ja, Küchenmesser. Der Mann hat keinen ausgesprochenen Sinn für Humor, akzeptiert aber meine Erklärung. Wir kommen ihrer Bitte nach, in die Kabine hineinsehen zu dürfen, das scheint uns der effektivste Lösungsansatz zu sein. Ein einziger Blick von außen (die Leiter stellen wir ihm nicht an) überzeugt den Beamten, es ist wahrhaftig ein Wohnmobil. Wo das Problem liege, fragen wir. Man sei diese Art von Fahrzeug hier nicht gewohnt. Und das geringfügig überproportionale Polizeiaufgebot? So sei es eben hier im Staate Zacatecas, das könne uns in jedem Dorf passieren. Die Beamten der Stadtpolizei waren die ganze Zeit über akzeptabel freundlich geblieben, nur mit einem Hauch Überheblichkeit. Wir fahren trotzdem lieber ein paar Kilometer weiter an eine andere Tankstelle.

Es dauert nicht lange, bis ein Fahrzeug der Staatspolizei uns umkreist, aber wir bleiben unbehelligt. Falls ich eines Tages auf die Idee kommen sollte, mein Geld mit Drogenhandel oder Waffenschieberei zu verdienen, erinnert mich bitte daran, das älteste und unauffälligste Auto zu wählen, das ich finden kann, mich in Rüschenbluse, Strickjacke, Faltenrock und Schnürschuhe zu kleiden und mir Hornbrille und Kopftuch aufzusetzen. Das dürfte dann klappen. Obwohl, durchsucht hat unseren Truck noch niemand…

Dafür verdüstert sich der Himmel beängstigend. Ein Sandsturm rollt heran  und hüllt uns ein. Wir müssen sämtliche Fenster schließen, nicht lustig bei den Temperaturen. Dann beginnt es zu donnern und zu blitzen, aber erneut fallen nur Tropfen, gerade genug, den Staub der letzten regenfreien acht Wochen auf dem Lack zu binden, leider bei Weitem nicht, ihn abzuwaschen.

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