Angahuan, Michoacán – Gottesfürchtige Lava

Die Lava begrub zwei Dörfer unter sich, sie rammte die Kirche, brachte einen der Türme zum Einsturz, zerstörte das komplette Kirchenschiff und kroch weiter bis zum Altar. Was dann geschah, lässt sich nur durch ein Wunder erklären. Der Lavastrom hielt urplötzlich an, erstarrte kurz vor dem Altar und der Vulkan stellte seine Aktivität ein. Sollte er Respekt vor dem Haus Gottes besessen haben? Ehrfurcht? Demut?

Alles begann am 20. Februar 1943. In einem Moment noch stand der Bauer auf seinem Feld und beackerte das Land, im nächsten floh er angsterfüllt, als die Erde zu beben begann. Ein Vulkan wuchs zu seinen Füßen empor, entlud sich mehrfach in donnernden Explosionen und spuckte für die nächsten neun Jahre Lava und Asche. 4000 Menschen mussten ihre Häuser verlassen und fliehen, verletzt wurde zum Glück niemand.

Heute ragt der erloschene Krater Paricutín 424 m über seine Umgebung hinaus, umgeben von einer 25 km2 großen pechschwarzen Mondlandschaft aus erstarrter Lava, die von der Natur nur langsam zurückerobert wird. Am Rande des Feldes kann man die Iglesia San Juan de Parangaricutiro besuchen oder vielmehr das, was von ihr übrig geblieben ist. Auf der einen Seite steht das Eingangsportal mit dem erhaltenen und dem eingestürzten Kirchturm. Klettert man über das meterhohe Lavageröll zur anderen Seite, steht an der gegenüberliegenden Mauer der unversehrte Altar, der heute immer wieder geschmückt wird. Die Glut machte wörtlich einen Meter davor Halt. Lediglich die Gipsfiguren über dem Altar wurden ein wenig mitgenommen von der Hitze.

Das Dörfchen Angahuan ist Ausgangspunkt für Besichtigungstouren. Schafft man es, sich an den eifrig werbenden Indios vorbeizudrängeln, die ihre Dienste als Führer mit und ohne Pferd anbieten, fährt man noch ein paar Kilometer bis zum letzten Parkplatz beim Aussichtspunkt. Nicht ohne von wilden Reitern verfolgt zu werden, die nicht so leicht aufgeben wollen. Nachdem wir die Männer überzeugt haben, dass wir wirklich nicht reiten wollen, sondern laufen, ziehen sie enttäuscht ab. Für ein paar Pesos kann man hier parken, für ein paar mehr auch über Nacht. Folgt man den zahlreichen Pferde- und Fußspuren durch den Wald bergab, erreicht man nach drei Kilometern die erkaltete Lava. Auch innerhalb des Nationalparks muss man auf mexikanisches Fastfood, das allgegenwärtige Bier und Sodas sowie Souvenirs nicht verzichten. Jedenfalls schleppt der mexikanische Tourist keinen überflüssigen Rucksack mit sich herum. Überlebenswichtiges Essen und Trinken gibt es an allen strategisch wichtigen Stellen. Mit oder ohne Stärkung, mit Wanderschuhen oder zu Pferd, ab hier geht es nur noch zu Fuß weiter über das Lavafeld. Eine lange Hose, feste Schuhe und gegebenenfalls ein robustes langärmeliges Oberteil schützen vor Verletzungen durch scharfkantige Felsen. Wer lieber reitet, kann sogar bis zum Kraterrand gelangen; das ist dann eine Tagestour.

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