Pátzcuaro, Michoacán – Fröhliche Skelette und tanzende Greise

Tzacapuansucutinpátzcuaro. Trotz größter Mühe schaffe ich es nicht, den Namen auszusprechen, nicht einmal zu lesen, geschweige denn zu merken. Warum sollte mir gelingen, was die Spanier schon nicht schafften? Sie verkürzten das Wort, das in der Sprache der Purépecha „Ort der Steine“ bedeutet, kurzerhand auf Pátzcuaro. Und dabei blieb es. Die Purépecha, von den Spaniern Tarasken genannt, sind das hier ansässige Volk, dessen Sprache man auch heute noch hören kann.

Die Azteken hatten das Großreich, zu dem Pátzcuaro einst gehörte, nie erobern können. Als die Spanier 1529 hier einfielen, richteten sie ein Blutbad an und unterwarfen das Volk. Nur zwei Jahre später traf der Franziskanermönch und spätere Bischof Vasco de Quiroga mit völlig anderen Ideen ein. Er strebte eine gleichberechtigte Gesellschaftsform an, gründete neue indigene Kommunen und bestärkte sie, jede ihr eigenes Handwerk zu betreiben. Auch das wurde bis heute beibehalten, einschließlich der Verehrung von Tata Vasco, zu dessen Gedenken im Stadtzentrum eine Plaza mit Springbrunnen und Denkmal eingerichtet wurde.

In diesem eigentlich nicht sehr großen Ort gibt es noch weitere Plazas und jede Menge altes Gemäuer: Kirchen, schlichte Paläste, schöne Hotels mit Innenhof, ein ehemaliges Konvent, ein Museum, eine Bibliothek… Selbst Privatgebäude und Geschäfte entstammen einem einheitlichen Baustil: weiß getünchte Adobehäuser mit roten Ziegeldächern und rot-schwarzen Beschriftungen. Auf einem Markt kann man Früchte, Schuhe und Kunsthandwerk kaufen.

Pátzcuaro bewährte sich noch zwei weitere Traditionen: la noche de los muertos ist eine davon. Zwar wird auch anderswo in Mexiko gefeiert, oft unter dem Namen el día de los muertos, aber hier geht es besonders fröhlich zu – ob zur Nacht oder am Tage. Die Rede ist von den katholischen Feiertagen Allerheiligen und Allerseelen am 1. und 2. November. Nur trauern die Purépecha nicht, sondern sie erwarten begeistert den Besuch der Toten aus dem Jenseits. Die prähispanische Vorstellung von Seelenwanderung und einem Leben nach dem Tod vermischte sich mit dem christlichen Glauben vom ewigen Leben. Zum Feiertag werden Altäre mit Blumen geschmückt und mit Speisen eingedeckt, Totenköpfe aus Zucker hergestellt und eben so richtig gefeiert. Doch in Pátzcuaro kann man das ganze Jahr über Totensouvenirs kaufen. Das sind Bilder oder Figurinen aus elegant schlanken Skeletten, die entweder regionaltypisch oder in teure Roben gekleidet werden. Es mag ein wenig makaber wirken, aber mir gefällt die Idee, wie die Indios ihre Toten feiern statt zu trauern.

Der zweite überlieferte Brauch ist danza de los viejitos, der in ganz Mexiko berühmte „Tanz der Greiselein“. Mit Masken und Gehstöcken ausgestattete Tänzer humpeln satirisch umher und nehmen die Wehwehchen und Zipperleins des Alters auf den Arm. Man munkelt, dass damit wohl eher die spanischen Eroberer verspottet werden sollten.

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