Ciudad de México, D.F., México – Exzessiver Katholizismus: die schiefe Monsterkathedrale

Monströs, gigantisch, protzig: Die größte Kathedrale Amerikas steht in Mexiko Stadt und ist gleichzeitig das Herz der größten katholischen Diözese der Welt. Fast drei Jahrhunderte, von 1525 bis 1813, nahm ihre Fertigstellung in Anspruch. Das spiegelt sich in ihren verschiedenen Baustilen von Klassik über Barock, Churriguerismus bis Neuklassik wider. Sie beinhaltet fünf Hauptaltäre und 16 Seitenkapellen. Gebaut war das Monster zwar für die Ewigkeit, dennoch scheint es auf längere Sicht dem Untergang geweiht. Die Catedral Metropolitana sinkt langsam, wie der Rest der Innenstadt, in den weichen Lehm des Bodens des ehemaligen Sees Texco ein, der heute bis auf einen kleinen Teich verschwunden ist.

Bereits die Azteken hatten ihre Hauptstadt Tenochtitlán auf der Insel im See errichtet. Unter dem Herrscher Moctezuma und seinen Nachfolgern entstand ab 1440 ein Riesenreich, das im 16. Jahrhundert große Teile des heutigen Mexikos umfasste. Die geforderten Tributzahlungen der unterworfenen Völker in Form von Gold, Silber, Fellen, Honig, Kakao und anderem brachten den Azteken Reichtum und so großen Hass ein, dass sich zwei Völker mit den eindringenden Spaniern verbündeten und Tenochtitlán damit rascher zu Fall brachten als dies ohne Hilfe möglich gewesen wäre. Der spanische Eroberer Hernán Cortés machte das Zentrum des Aztekenreichs anschließend dem Erdboden gleich und errichtete seine eigene Hauptstadt auf ihren Trümmern und dem langsam vertrocknenden See.

Zur Erhaltung der Kathedrale waren aufwändige, meist unterirdische Restaurierungsarbeiten notwendig. Steht man im Inneren der Kirche, stolpert man teils fast, so stark fällt der Fußboden in unterschiedliche Richtungen ab. Kirchtürme kippen, Altäre stehen schief und ein vor Jahrzehnten im Mittelpunkt der Kirche angebrachtes Lot zeigt die Pendelbewegungen des Gebäudes. Selbst jetzt steht das Pendel nicht still, es zittert fast unmerklich, aber kontinuierlich. Auch der Nationalpalast steht, wie die Großkirche, am Zócalo, dem großen Platz Mexico Citys. Er wurde auf dem niedergerissenen Palast von Moctezuma II errichtet. Später regierten alle 62 Vizekönige an dieser Stelle, und auch der heutige mexikanische Präsident hat seine Amtsräume hier.

Im Eck zwischen Kathedrale und Palacio Nacionál machte man bei Ausgrabungsarbeiten zum Metrobau 1978 eine spektakuläre Entdeckung. Der zerstört und überbaut geglaubte Haupttempel der Azteken, errichtet im 14. und 15. Jahrhundert, kam zum Vorschein. Heute sind nur die kläglichen Reste des einst prächtigen Bauwerks zu besichtigen. Einige der Ausgrabungsfunde sind im anschließenden Museum ausgestellt (Eintritt 51 MXN pP).

Um die Kathedrale herum kann man oft Muscheltänzer beobachten. Die in prähispanische Kostüme gekleideten Männer tragen kaum mehr als eine Unterhose, einen Federkopfputz und rasselnde Muschelbänder an den Fußgelenken. Obwohl sie, wie die meisten Mexikaner, Mestizen sind, haben sie sich Náhuatl, die Sprache der Azteken und ihre Gebräuche angeeignet und verklären ihre nicht immer fleckenfreie Vergangenheit. Auch Wunderheiler sind zuhauf zu finden, meist indigene Frauen in traditioneller Verkleidung, die mit Weihrauch, Steinen und Kräutern Leiden kurieren. Sie finden regen Zulauf.

Von der schönen historischen Innenstadt Coyoacáns aus, einem Stadtteil von Mexico, der bei vielen Touristen beliebt ist, nahmen wir heute Morgen den Turibus, einen doppelstöckigen Bus mit offenem Oberdeck nach Londoner Vorbild, der Rundfahrten durch die Stadt zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten anbietet. Für 125 Peso pro Person können wir zwei Linien benutzen, deren komplette Rundfahrt jeweils dreieinhalb Stunden dauern würde, man kann aber den ganzen Tag damit fahren und beliebig oft umsteigen. Die Busfahrt führte uns unter anderem an die lange Straße Paseo de la Reforma mit ihren zahlreichen Monumenten und Hochhäusern, die mehr das moderne Mexico City verkörpern. Jetzt steigen wir in die U-Bahn und anschließend in den Metrobus, ein schnelles Verkehrsmittel mit komplett eigener Fahrspur.

Unser Bekannte Adriana, die wir während ihres Kanadaurlaubs kennengelernt haben, hält sich zufällig in Mexico City auf und hat uns in das Restaurant 100 % Natural eingeladen. Das Essen ist sehr lecker, die Philosophie der Restaurantkette ist, mexikanische Küche auf etwas gesündere, fettfreiere Art anzubieten. Wir sind überrascht zu erfahren, dass Adriana Gründerin in Inhaberin des Franchisingunternehmens ist, auch wenn sie das Management mittlerweile ihrem Bruder übertragen hat. 100 % Natural hat 45 Restaurants in ganz Mexiko und gehört damit zu den großen Ketten des Landes.

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