Cholula, Puebla – Kirche auf Pyramide

Als „schönste Stadt außerhalb Spaniens“ bezeichnete Schlächter Hernán Cortés Cholula. Anschließend richtete er ein Blutbad an, bei dem 3.000 Menschen zu Tode gekommen sein sollen und zog über den Paso de Cortés weiter, um die Azteken niederzumähen, wo das heutige Mexico City steht. Doch gilt Cholula nicht nur als eine der attraktivsten, sondern auch ältesten Städte. Seit 5 v. Chr. ist sie durchgehend besiedelt. Hier wurde die flächenmäßig größte Pyramide Mesoamerikas erbaut. Auf ihrer 65 m hohen Spitze errichteten die Spanier eine Kirche. Zunächst sieht es aus, als ob Nuestra Señora de los Remedios auf einem Grashügel steht, doch beim Näherkommen erkennt man, dass es sich um eine mit Erde bedeckte und mit Gras und Bäumen überwachsene Pyramide handelt. Die katholische Kirche behauptet heute, das Gotteshaus hier gebaut zu haben, da der Platz schon immer heilig war. Doch war es nicht vielmehr der Wunsch zu unterwerfen, zu demütigen, zu zeigen, unser Gott ist größer und stärker als Eurer?

Die Originalkirche steht nicht mehr, sie wurde im 19. Jahrhundert ersetzt. Der steile Aufstieg zum Atrium lohnt sich auf jeden Fall. Nicht nur, um den mit reichlich Gold verzierten Altar zu bewundern, sondern um die grandiose Aussicht zu den Schwestervulkanen Popocatépetl und Iztaccíhuatl zu genießen. Das Wetter zeigt sich äußerst gnädig. Izta bleibt zwar verborgen, doch die Sonne löst den Wolkenring um Popos Gipfel auf, und auch der ständige Smog um den Fuß des Berges lichtet sich, sodass wir fast freie Sicht auf den legendären Vulkan haben, der kontinuierlich Rauchwölkchen verpufft.

Wissenschaftler gruben fünf Kilometer Tunnel durch die Pyramide, von denen ein Teil begehbar ist, außerdem gibt es ein Museum und einige Ausgrabungen von Pyramidenteilen. Die Tunnel sind leider wegen Wartungsarbeiten geschlossen. Stattdessen unternehmen wir mit dem Turibus eine Rundfahrt zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten und Kirchen der Stadt – heute im Angebot für 50 statt 58 Peso. Man könnte sich die berechtigte Frage stellen, gibt es denn in Mexiko nur Kirchen? Nun ja, nicht nur, aber doch recht viele und vor allem architektonisch interessante. Cholula zum Beispiel besitzt rund 130.000 Einwohner und 49 Kirchen – nur katholische, wohlgemerkt. Obwohl die Cholulanos gerne das Gerücht verbreiten, sie hätten 365 Kirchen, für jeden Tag eine – was nicht stimmt – bleiben noch genug. Bei zweien davon hält die Tour sogar an, um das Innere besichtigen zu können.

San Francisco de Asis hat eine spektakuläre Fassade aus gelben und weißen Kacheln mit Blumenmustern, die einer Moschee nachgebildet ist. Das Kirchengewölbe ist unglaublich prunkvoller Barock in purem Gold. Die Außenmauern von Santa Maria de Tonantzintla sind zwar etwas schlichter aus dunkelroten Ziegeln mit Intarsien aus weiß-blauen Fliesen. Protzte San Francisco schon mit seinem Gold, bei Santa Maria verschlägt es einem den Atem. Sämtliche Wände und Decken sind übersät mit weißen, grünen und goldenen Stuckornamenten sowie Kinderkörpern und -köpfen dicht an dicht, die hier die sonst üblichen Engel ersetzen. Das Ganze ist so kostbar, dass weder Fotos noch Filmaufnahmen gemacht werden dürfen, aber man darf sich natürlich Ansichtskarten kaufen. Die exzessive Zurschaustellung von Reichtum und Macht hat gewirkt: fast 90 % der Mexikaner sind katholisch, obwohl die evangelische Kirche in starkem Wachstum begriffen ist.

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