Lagos de Montebello, Chiapas – Ungleiche Verteilung

Chiapas ist einer der ärmsten Bundesstaaten, hier leben mehr Indígenas als andernorts. Viele Mexikaner empfinden die „Rückständigkeit“ als peinlich. Dabei besitzt Chiapas natürlichen Reichtum, von dem leider nur wenige profitieren: Bananen-, Kakao- und Kaffeeplantagen, Erdöl, Edelsteinminen und Tropenhölzer. Der Staat produziert mit seinen Staudämmen mehr Elektrizität, als er selbst verbrauchen kann. Wie auch, wo viele Dörfer nicht ans Stromnetz angeschlossen sind. Fließend Wasser gibt es sowieso nicht – außer im Fluss, wo die Wäsche gewaschen wird und Frauen nackt sitzen und baden. Vor allem die Bewohner des Tieflands sind sichtbar bitterarm. Zumeist Frauen und Mädchen schleppen an Stirngurten hängende schwere Lasten von Brennholz auf dem Rücken an. Das Leben der Indígenas besteht aus knochenharter Arbeit. An den Ortsrändern wird leider oft der Müll schlicht neben der Straße abgeladen. Die Ursachen hierfür sind oft Armut, die für andere Probleme als das tägliche Überleben keinen Raum lässt, sowie schlicht Unwissenheit.

Und trotzdem sind die Leute freundlich hier. Nach anfänglichem abweisendem Blick lächeln und winken sie, und manchmal kommt man sogar mit ihnen ins Gespräch. Vielleicht nicht mit den Ärmsten und Ungebildetsten, die andere Probleme haben, aber zumindest mit der Mittelklasse. Für eine tiefgehende Kommunikation reicht mein Spanisch nach wie vor nicht aus, aber schon kleine Plaudereien ermutigen. Trifft man Mexikaner mehr als einmal an unterschiedlichen Plätzen, wird man mit Küsschen wie alte Bekannte begrüßt. Wir finden den Süden des Landes nach wie vor ausgesprochen sympathisch.

Obwohl wir heute von Bonampak aus 300 km dicht an der guatemaltekischen Grenze zurücklegen in einem Gebiet, das vielleicht nicht als eines der sichersten gilt, fühlen wir uns keinesfalls bedroht. Lediglich die Militärkontrollen weisen auf mögliche Probleme hin. Die ersten zwei nehmen wir hin, bei der dritten „beschwere“ ich mich freundlich, sodass diese recht kurz und oberflächlich ausfällt, bei der vierten kommen wir mit verbalen Erklärungen davon. Erfahrungsaustausch mit anderen Reisenden ergibt, je schmutziger und unordentlicher ein Fahrzeug wirkt, desto gründlicher wird es durchsucht. Je sauberer und ordentlicher es ist, umso weniger trauen sich die Soldaten, etwas anzufassen und belassen es meist beim Öffnen einiger Schranktüren oder Schubladen.

Als wir an den Lagos de Montebello ankommen, sind wir die letzten 50 km stramm bergauf bis auf 1500 m Höhe gefahren, wo es recht kühl ist. Dieses Gebiet ist von 52 größeren und kleineren Seen durchzogen, die im Sonnenschein in den unterschiedlichsten Farben leuchten. Der Großteil wurde zum Nationalpark erklärt, ein Teil aber ist in kooperativer Hand. Die Ejido Lagos de Tziscao nimmt pro Person 15 Peso Eintritt und gestattet das Campen an allen Parkplätzen an sämtlichen Seen in ihrem Besitz, zudem an Plätzen am See innerhalb des Ortes Tziscao. Wir investieren weitere 80 Peso fürs Campen auf einem besonders ruhigen Gelände am Ortsende, das zu einem Hotel gehört und das guten Seezugang hat. Zum Baden ist es uns jedoch zu frisch. Die letzten beiden ungewöhnlich intensiven Regenzeiten ließen den Wasserspiegel um vier Meter ansteigen, und der ist nicht wieder gesunken. Ein Teil des Geländes ist verschwunden, Bäume stehen im und manche Häuser recht nahe am Wasser. Nun fürchten die Bewohner weitere Überschwemmungen durch die laufende Regenzeit. In anderen Ecken Mexikos trocknen Seen unaufhaltsam aus, während man hier um den Verlust von Häusern bangt. Wieder einmal der Klimawandel?

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