Volcán Chicabal, Guatemala – Der heilige Kratersee

Die Erde bebte schon wieder heute Nacht. Unabhängig voneinander waren wir alle vier aufgewacht, der Parkplatzbesitzer war aus seinem Haus gerannt. Es war nicht so stark wie das letzte in Mexiko, doch deutlich in der Kabine spürbar.

Der sonst völlig harmlose Volcán Chicabal besitzt einen besonders schönen Kratersee, umgeben von dichter Vegetation und mystischer Stimmung dank des immer wieder aufziehenden Nebels. Der Aufstieg auf den 2900 m hohen Gipfel ist einfach, aber wegen der steilen Wege anstrengend. Von unserem Parkplatz aus laufen wir über den immer noch schmierigen Feldweg über einen Bergrücken hinauf und wieder hinunter zum Kassenhäuschen der Parkverwaltung, wo wir als Ausländer 15 Quetzal bezahlen. Dann geht es hoch zum Gipfel, der in dichtem Wald liegt. Ein Hinweisschild bringt uns zu einem Aussichtspunkt, von wo aus Stufen zum 200 m tiefer liegenden Kratersee führen, den wir umrunden. Er misst einen halben Kilometer im Durchmesser und ist ganze 300 m tief.

Zum Baden wäre er etwas kühl, schließlich hatte es heute hier Nachtfrost gegeben, wie uns der Raureif verrät. Doch das ist sowieso verboten, denn der See ist den Maya heilig. Überall gibt es Kultstätten: einfache Kreuze, ein wichtiges Mayasymbol, ein Baumstumpf oder einfach ein besonderer Platz. Zeremonien werden gerade nicht ausgeführt. Vom See aus gibt es einen zweiten Weg ohne Stufen, den man hinauflaufen kann. Auf dem Rückweg rutschen wir immer wieder auf dem steilen Lehmpfad aus und sind froh, die letzten Kilometer bis zur Zahlstation nicht mit den Autos gefahren zu sein, obwohl man hier prima hätte campen können.

Viel war auf dem Vulkan nicht los, aber der eine oder andere Tourist verirrt sich schon hierher. Ein Paar entschied sich für einen Pferderitt, ein anderes nahm sich einen Guide und macht uns schmunzeln. Die beiden Europäer schnaufen in perfekter Funktionskleidung und teuren Wanderschuhen mit hochroten Köpfen, während die Indígenaführerin in traditioneller Tracht mit schickem Rock in ihren billigen Schlappen ganz entspannt dahin gleitet. Für den Vulkan Chicabal benötigt man keinen Führer, um den Weg zu finden. Ein Sicherheitsproblem ist uns auch nicht bekannt, während es auf anderen Vulkanen Guatemalas immer wieder zu Über fällen auf Touristen kommen soll, weswegen oft angeraten wird, in einer organisierten Gruppe mit Guide und Geleitschutz zu gehen. Wir sind vier große Deutsche, denen die Guatemalteken gerade bis zur Schulter reichen. Außerdem stoßen wir auch hier stets auf freundliche Menschen.

Wir hoffen, die positiven Eindrücke dieses Landes bleiben uns bis zum Schluss erhalten. Lediglich eine Fußmatte, die Petra auf die Motorhaube gelegt hat, ist verschwunden. Die hatte sicher jemand brauchen können. Gelegenheitsdiebstahl ist in Mittelamerika normal. Ein paar kleine Jungs müssen ihre Schafe genau neben unseren Campern grasen lassen und werden belohnt. Der Müll, den wir gerade entsorgen, enthält praktische Plastikflaschen und Aludosen, die sich in Bares umsetzen lassen. Des einen Abfall ist des anderen Gold, lautet ein englisches Sprichwort.

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