Lago de Yojoa, Honduras – Von Glücksspielern, dem Lempira, Schlaglöchern und Polizisten

Über Gracias Lempira gibt es vor allem zwei Dinge zu berichten: In der Kolonialzeit spielten die Herrschaften gerne Würfel um hohe Summen. Gracias’ Bürgermeistersgattin spielte falsch und betrog einen armen Kirchendiener um sein Geld. Als dieser das merkte, ohrfeigte der die Dame so stark, dass die in Ohnmacht fiel. Wieder erwacht, hetzte sie die Umstehenden auf den Mann, der bei der Statue der heiligen Jungfrau in der Kirche Schutz suchte. Das half ihm nichts, er wurde vom Mob an Ort und Stelle gesteinigt. Eines der Geschosse verwundete die Stirn der Jungfrau. Der Schaden widersetzte sich später mehreren Reparaturversuchen selbst in Spanien. Die erzürnten Priester hielten am Tag nach dem Lynchmord eine Messe und verfluchten die Bewohner. Anschließend streuten sie Salz auf die Straßen und verließen die Stadt, die daraufhin für Jahrhunderte nicht mehr auf die Füße kam. Selbst das Erdbeben von 1915, bei dem Teile von Gracias zerstört wurden, geht auf den Fluch zurück, so sagt man. Erst seitdem ein Missionar den Fluch aufhob, gehe es mit der Stadt wieder voran.

Die andere interessante Begebenheit bezieht sich auf Lempira. Das ist so etwas wie der guatemaltekische Quetzal. Lempira ist nicht nur Name einer Stadt, sondern der Landeswährung; er ist historische Persönlichkeit und nationales Identifikationssymbol. Lempira ist die Geschichte vom armen, einfachen Bauernjungen, der die Weltmacht Spanien zwei Jahre lang auf- und in Atem hielt. Der junge Widerstandskämpfer kontrollierte 30.000 Rebellen und ein Gebiet von 500 km2. Erst 1539 konnte Lempira nach vielen gewonnenen Schlachten in einem Hinterhalt von den Spaniern getötet werden.

Meine Reiseliteratur behauptet, die Straßen in Honduras sind gut, Schlaglöcher gibt es selten und Polizeikontrollen nur vereinzelt. Sagen wir es mal so: Die Anzahl der Schlaglöcher übertrifft bei weitem die der Einwohner des Landes (immerhin 8 Mio.). Etliche davon sind so tief, dass man problemlos eine Fischzucht darin eröffnen könnte. Auch die Anzahl der Polizeikontrollen übersteigt unsere Erwartung, doch meist winkt man uns durch. Wenn dann einmal doch nicht, bewährt sich meine Strategie: zulabern. Schlag sie mit ihren eigenen Waffen! Genauso wie ich aus einem minutenlangen Vortrag auf eine einfache Frage hin („Wie komme ich nach…“) die eine, für mich interessante Information herausfiltern muss, schütte ich die Beamten mit wichtigen und unwichtigen Information zu. Als wäre ich begeistert, mein bruchstückhaftes Spanisch anwenden zu können, erzähle ich nicht nur, wo wir gerade herkommen, was die Polizisten wissen wollten, sondern auch, dass wir aus Deutschland sind, was wir bereits im Land gesehen haben, wo wir jetzt hinfahren und was wir künftig besichtigen wollen. Dabei zähle ich sämtliche Städte und Sehenswürdigkeiten auf, die mir gerade einfallen, was nicht unbedingt der Wahrheit entsprechen muss. Vielleicht füge ich noch hinzu, wie schön das Land und wie freundlich die Menschen sind, das zwingt den stärksten Officer in die Knie. Dabei ist darauf zu achten, die Sonnenbrille abzusetzen, damit blaue Augen ausreichend zur Geltung kommen. Doch an dem Punkt hat der Beamte längst resigniert und lässt uns weiterfahren.

12 km vor La Esperanza enden die Schlaglöcher, weil die Straße aufhört und in eine raue getrocknete Schlammpiste übergeht. Doch solange der Tieflader noch hinter uns fährt (die Strecke wäre ein fristloser Kündigungsgrund für jeden europäischen Trucker) und uns „Schulbusse“ oder die in El Salvador und Honduras geläufigeren Busse im Coaster-Format (ca. 25 Sitze) entgegenkommen, müssen wir uns keine Gedanken machen. Die CA 5 ist zur Abwechslung eine gute Straße. Schnell erreichen wir den Lago de Yojoa, den größten Binnensee des Landes, der zwar nicht riesig, aber hübsch ist und gut zum Vogelbeobachten. Wir entscheiden uns für die Honduyate Marina, wo wir für 100 HNL direkt am See Campen können (N 14°51’29,5’’ W 87°57’16,9’’)

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