Panama City, Panama – Noriega und andere Pannen Panamas

Der Strand rüstet sich für das Wochenende, wenn viele Stadtflüchtlinge aus Panama City hier einfallen. Besonders hübsch finden wir die panamaische Bay-WatchAusgabe. Ein Heer scheinbar geklonter Rettungsschwimmer fast gleichen Körperbaus und Trainingszustands in diversesten Schokoladentönen macht sich bereit. Lediglich den Pamela-Anderson-Ersatzspielerinnen fehlt es an Oberweite, dafür sind sie etwas kräftiger gebaut. Wir ergreifen die Flucht in Gegenrichtung in der Hoffnung, die Stadt ist leer.

Panama City ist die Hauptstadt eines Landes mit einer etwas unglücklichen und unrühmlichen Geschichte. Schon unter den Spaniern begann sein Abstieg. Ihr Entschluss Mitte des 18. Jh., den Warenverkehr aus Südamerika nicht mehr über die Landenge abzuwickeln, sondern die erbeuteten Schätze aus Peru direkt um das Kap Horn auf die Iberische Halbinsel zu transportieren, stürzte die strukturschwache dünn besiedelte Region in eine tiefe Krise. Anschließend blieb Panama nichts anderes übrig, als sich dem wirtschaftlich stärkeren Kolumbien anzuschließen, wo es mit wenigen Unterbrechungen bis ins 20. Jahrhundert verblieb, bis es unter den meist nicht förderlichen Einfluss der USA geriet.

Zu dem Zeitpunkt verhandelten die USA mit Kolumbien über den Kanalbau in Panama. Nach vielen Nachbesserungen lehnte Kolumbien das Angebot der USA im August 1903 schlussendlich ab. Die hatten jedoch vorgesorgt und hinter verschlossenen Türen mit Panama direkt verhandelt. Ergebnis war, dass Panama im November desselben Jahres seine Unabhängigkeit erklärte und im gleichen Atemzug den Kanalbauvertrag mit den USA unterzeichnete. Der Vertrag sah ab dem 10. Jahr der Fertigstellung eine jährliche Pachtzahlung der USA an Panama vor und eine in der Weltgeschichte einmalige Vereinbarung: Diese gestattete den USA auf ewige Zeit die Einrichtung eines US-Territoriums auf ganzer Länge und von acht Kilometer Breite beidseits des Kanals zum Bau, Unterhalt, Betrieb und Schutz der Anlage.

Zur weiteren Wahrung ihrer Interessen nehmen die USA fortan großen Einfluss auf die panamaische Politik, wodurch ein Zuatzartikel in der Verfassung verankert wird, der der Großmacht ein sofortiges militärisches Interventionsrecht zur Wiederherstellung von Ruhe, Ordnung und Sicherheit in der jungen Republik einräumt. Es wundert wenig, dass die USA dies in den folgenden Jahrzehnten regelmäßig ausnutzten. Der Kanal wurde gebaut, die Kanalzone teilte Panama in zwei Hälften, in deren Mittelstreifen US-Recht herrschte, gesichert von US-Polizei und US-Gerichten, wo Englisch gesprochen wurde, Kinder als US-Bürger zur Welt kamen und in US-Schulen und -Krankenhäuser gingen.

Die störende Enklave war den Bürgern Panamas ein zunehmender Dorn im Auge. Immer wieder kam es zu Protesten und Unruhen, die von den US-Militärs blutig niedergeschlagen wurden. Es kam zwar zu Nachbesserungen des Kanalvertrags, der für Panama höhere Pachtzahlungen vorsah, doch konnte das die Volksseele nicht beruhigen. Zu den schwersten Ausschreitungen kam es 1964, die Panama zum Anlass nahm, weitere Nachverhandlungen von den USA zu fordern. Doch erst 1977 kam es zu einer Einigung, die die Aufhebung des Sonderstatus der Kanalzone sowie eine schrittweise Übergabe des Kanals an Panama bis zum 31.12.1999 vorsah. In der Übergangszeit wurden freiwerdende Posten im Kanalbetrieb durch Panamaer besetzt, sodass de facto Ende 1999 der Kanal bereits zu über 90 % in panamaischer Hand war und von dem mittelamerikanischen Land betrieben wurde, sodass ein reibungsloser Übergang gewährleistet war.

Wie die anderen Länder Mittelamerikas hatte auch Panama Schwierigkeiten bei der Demokratisierung, nicht zuletzt dank Einmischung der USA. Das unrühmlichste Kapitel war jedoch General Noriega, der 1983 mit Wohlwollen der „Kolonialmacht“ im Hintergrund den Oberbefehl über die Nationalgarde übernahm, mit wechselnden Marionettenpräsidenten. Nach einem fehlgeschlagenen Putsch ernennt sich 1989 ein komplett übergeschnappter Noriega schließlich selbst zum Maximo Lider Panamas in einem letzten politischen Schritt. Da jedoch haben ihm die USA bereits die Unterstützung entzogen. Korruption, Menschrechtsverletzungen und vor allem Geschäfte mit dem kolumbianischen Drogenkartell und Verwicklung in den weltweiten Drogenhandel brachten ihm den Titel Narco-Diktator ein. Mit einem weiteren militärischen Eingreifen nahmen die Vereinigten Staaten Noriega fest und überführten ihn, wo er später wegen Drogenhandels zu 40 Jahren Haft verurteilt wurde.

Leider blieben auch die nachfolgenden Präsidenten Korruption und Drogenhandel treu. Obwohl sich das Land nicht zuletzt dank des Panamakanals unter eigener Verwaltung gut entwickelt und einigermaßen Ruhe und Sicherheit eingekehrt sind, munkelt man, die hochschießenden Wolkenkratzer, die Panama Stadt eine hübsche Skyline verleihen, dienen der Drogengeldwäsche.

Mit dem Verschwinden Klein-Amerikas in Panama verschwanden auch die meisten Nordamerikaner. Einige setzen ihre Tätigkeit in anderen Ländern fort, z.B. als Lehrer an internationalen Schulen. Die meisten ließen sich pensionieren und leben irgendwo in den Vereinigten Staaten, wie Wallace, den wir vor langer Zeit in Alaska kennengelernt und vor einem Jahr in Washington State besucht haben. Andere fühlen sich eher als Panamaer, da sie ihr ganzes Leben hier zugebracht haben oder sogar hier geboren wurden und demzufolge doppelte Staatsbürgerschaft besitzen. So wie Lew und Sue, zwei von vielen Freunden von Wallace, die wir in Panama Stadt kennenlernen sollen. Sie leben in einem Haus am Stadtrand mit genügend Platz für Arminius, und so machen wir es uns hier gemütlich.

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