Panama City, Panama – Ein Panamakanal-Schleppschiff in Aktion

Unser Gastgeber Lew ist von seiner Reise zurückgekehrt. Heute erfüllt er unseren langgehegten Wunsch, auf einem Schlepper auf dem Panamakanal mitfahren zu dürfen. Er selbst hat Spätschicht, und während der Dunkelheit dürfen keine Passagiere an Bord. Aber er arrangiert, während seiner Freizeit mit uns auf „sein“ Boot, die Cacique, zu gehen und ein paar Stunden mitzufahren, um die Arbeit eines Schleppers mitzuerleben. Sein 3000 PS starkes Boot „made in Germany“ wird bei Vorwärtsfahrt von einem relativ nah am Bug unter dem Boot befindlichen ausgeklügelten Antriebssystem „gezogen“, was es enorm manövrierfähig macht. Natürlich kann es genauso gut rückwärts fahren.

Die Aufgabe eines Schleppers am Panamakanal besteht normalerweise nicht im Schleppen von Schiffen. Sämtliche Frachter, Passagier- oder Kriegsschiffe fahren mit eigenem Antrieb durch den Kanal, in die Schleusen und wieder hinaus. Da das alles so zügig wie möglich erfolgen soll, haben vor allem die großen Panamaxschiffe nicht genügend Raum zum Manövrieren. Die Schlepper haben die Aufgabe, die großen Pötte dabei zu unterstützen und sie jeweils in die richtige Richtung zu bringen. Das kann durch Zug über Seile erfolgen, mit denen die beiden Schiffe verbunden sind oder schlicht durch „Anschubsen“ vom Heck oder der Seite. Der Schlepper ist zum Schutz von allen Seiten mit dicken Gummipuffern umgeben. Die Seile, die er zum Lotsen benutzt, sind bedenklich dünn. Doch das hochmoderne leichte kevlarähnliche Material ist extrem reißfest und sogar schwimmfähig.

Der Lotse bzw. Pilot, wie man ihn hier nennt, der auf jedem den Kanal passierenden Schiff mitfährt, koordiniert alles und gibt Anweisungen sowohl an die Schlepperkapitäne als auch an die Lokomotivführer in den Schleusen. Er kennt die besonderen physikalischen Fahreigenschaften des Kanals. Weltweit ziemlich einmalig dürfte sein, dass der Lotse den Kapitän bei seinen Fahrmanövern nicht berät, sondern das Oberkommando über Schiff und Crew übernimmt und Order gibt (und dafür die Verantwortung trägt). Für viele Kapitäne ist das gewöhnungsbedürftig.

Vom Südende des Panamakanals bringen wir einen Panamax-Containerfrachter in die Miraflores-Schleusen und eilen zurück. Das Tankschiff jetzt ist etwas kürzer, daher passen die beiden Schlepper – es arbeiten immer zwei zusammen – mit in die Schleusenkammer und wir können noch einmal diesen Vorgang aus Schiffsperspektive erleben. Anschließend assistieren die Schlepper, den Tanker auf dem Miraflores-See in „Parkposition“ zwischen die Mooringbojen zu bringen, wo er bis zum Abend warten wird, da sich in der Zwischenzeit – seit unserem Start heute Morgen sind gute vier Stunden vergangen – die Fahrtrichtung auf dem einspurig befahrbaren Kanal wie immer zu Mittag geändert hat. Auch unsere Cacique fährt jetzt an den Kai und hat dort eine gute Stunde Zeit für Wartungsarbeiten, bis der Kanalverkehr aus der Gegenrichtung hier ankommt und der Schlepper seinen Dienst wieder aufnimmt. Wir nutzen die Gelegenheit und gehen vor Bord.

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