Cartagena de Indias, Kolumbien – Perle mit Schmutzrand

Cartagena wird gerne als „Paris Kolumbiens“ bezeichnet. Das scheint mir etwas übertrieben, doch die Altstadt, El Centro genannt, ist wirklich schön und die Bezeichnung „Perle der Karibik“ scheint schon angemessener. Farbige Paläste mit Arkadengängen, Holzbalkonen und begrünten Innenhöfen wechseln sich ab mit kolonialen Kirchen und Klöstern, Souvenirgeschäften und Designerboutiquen. Umgeben sind El Centro und weitere Viertel von der historischen Stadtmauer. Die ist 11 km lang, nicht sehr hoch, aber breit, sehr solide gebaut und zum Teil begehbar. Cartagena de Indias, wie es korrekt heißt, wurde als Umschlagplatz für das Gold und Silber aus den südamerikanischen Kolonien ins spanische Mutterland immer wieder von Piratenangriffen heimgesucht. Nach dem verheerenden Überfall von Sir Francis Drake von 1586 begannen die Bauarbeiten für das monumentale Bollwerk, das erst Ende des 18. Jh. fertig gestellt werden sollte.

Ironischerweise mussten die spanischen Erbauer selbst ihre eigene, nahezu perfekte Verteidigungsanlage nur 20 Jahre später stürmen. Cartagena hatte damals seine Unabhängigkeit erklärt, doch das spanische Königshaus entsandte eine Flotte, die Stadt zurückzuerobern. Nach vier Monaten der Belagerung musste Cartagena aufgeben, nachdem tausende von Menschen verhungert oder an Krankheiten gestorben waren. In krassem Gegensatz zum historischen Erscheinungsbild kann man von der Stadtmauer aus Blicke auf die supermoderne Halbinsel Bocagrande werfen. Umgeben von kilometerlangen Sandstränden erheben sich modernste Wolkenkratzer, Hotels und Glaspaläste im Stile Miamis. Doch außerhalb der touristisch interessanten Viertel ist Cartagena wenig attraktiv und in großen Teilen nicht ganz ungefährlich, zumal bei Nacht. Cartagena ist sozusagen eine teure Perle mit schmutzigen Rändern, als meistbesuchte Stadt Kolumbiens trotzdem ein Muss.

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