Turbaco, Kolumbien – Unverhältnismäßigkeiten

Mag sein, dass ein Feiertag nicht ideal ist, eine lokale Touristenattraktion zu besuchen. Der Schlammvulkan Lodo El Totumo 50 km nordöstlich von Cartagena erhebt sich 20 m über seine Umgebung. Eine Holztreppe führt hinauf in ein fünf Meter messendes Schlammloch, in dem man gesundheitsfördernd „baden“ kann. Als grauer Zombie dem Bade entsteigend läuft man anschließend zur Süßwasserlagune, um wieder eine gesunde Hautfarbe anzunehmen. Das ansässige Imbissbudenpersonal hat wohl schon zu sehr vom eigenen Bier genippt und sieht uns seltsam schief an. Aus einem offenen Autokofferraum plärrt ohrenbetäubende Musik. Keiner fühlt sich von Jörgs Bitte angesprochen, die Lautstärke etwas zu reduzieren, da wir unser eigenes Wort nicht verstehen. Aber als er kurzerhand den Kofferraumdeckel zuknallt, erscheint postwendend ein junger Kerl und öffnet die Haube wieder. Das ganze Ambiente ist uns dermaßen unsympathisch und der Nachmittag bis zur Schließungszeit noch lang, sodass wir kurzerhand den Weg nach Süden einschlagen. Jo und Ray folgen uns ebenfalls.

Der Tag soll uns ein paar weitere unangenehme Erfahrungen bringen: In jedem Dorf plärrt die Musik genauso laut wie am Vulkan. Sind wir schon zu alt, um das zu verstehen? Oder handelt es sich bei der enormen Lautstärke um eine Art Zwangsbespaßungsmaßnahme für Einwohner und Vorbeifahrende? Nebenstraßen sind nicht asphaltiert (was nicht schlimm wäre), aber in katastrophalem Zustand. Sobald eine Straße zumindest überwiegend asphaltiert ist, kostet sie Mautgebühren. Nicht viel, mal zwei, mal drei Euro, aber wenn man alle paar Dutzend Kilometer abkassiert wird, kommt ganz schön was zusammen. Die Krönung ist aber die Übernachtungssuche: Unsere Idee, auf dem Parkplatz eines Botanischen Gartens zu nächtigen, scheitert, da der Park bereits geschlossen hat. Wir fragen in einem Restaurant nach, das einen kleinen See vor der Haustür hat. Nachdem man sich eine geschlagene Viertelstunde Zeit genommen hat, über unser Ansinnen nachzudenken, erhalten wir einen positiven Bescheid, man will aber 50.000 COP Parkgebühr pro Fahrzeug – das sind 20 Euro! Für nichts als Stehen, eine Toilette, Dusche, Strom oder anderen Luxus hätte es sowieso nicht gegeben.

Wir fahren weiter, auch wenn es schon dunkel wird. Hinter dem Ort Turbaco an der PanAm finden wir einen Mittagsimbiss, der gerade schließt. Der Besitzer lässt uns auf seinem abgesperrten, der Straße abgewandten Gelände kostenlos parken, noch ein paar Bierchen trinken und hält uns einen äußerst gebildeten Vortrag über die Probleme der Welt: N 10°18’13.5’’ W 75°23’33.8’’.

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