Desierto de la Tatacoa, Kolumbien – Karamellcreme mit Käse

Und wieder geht es über die Zentralkordilliere, diesmal von West nach Ost. Die Straße # 40 führt in steilen Kurven von 1.500 m auf 3.100 m und hinunter auf 400 m. Der dichte Lkw-Verkehr an den Steigungen fordert Elefantenrennen auf der nur zweispurigen Straße geradezu heraus. So mancher ungeduldige Fahrer lässt sich zu wildesten Überholmanövern in den völlig unübersichtlichen Serpentinen hinreißen mit der Folge von Vollbremsungen auf beiden Seiten bei Gegenverkehr. Niemand regt sich auch nur ansatzweise auf. Unfälle, die nicht ganz ausbleiben, gehen wegen der geringen Geschwindigkeiten meist glimpflich ab – wenn auch nicht immer. Die schlecht gewarteten Trucks bleiben oft mitten auf der Straße liegen, was ein zusätzliches Gefahrenpotenzial darstellt. Baustellen mit einspuriger Verkehrsführung halten den Verkehr weiterhin auf, doch die Erdrutsche der vergangenen Tage und Wochen müssen beseitigt werden.

Sobald etwas Wasser aus den Bergen rinnt, bilden sich „Waschstraßen“. Männer und Frauen, eingehüllt in schwarze Müllsäcke, bieten 24 Stunden am Tag ihre Dienste als Autowäscher an, die vor allem von Lkw- und Busfahrern gerne in Anspruch genommen werden. Engagiert spritzen und schrubben die Reinigungsfachkräfte die Wagen in Rekordzeit ab. Die Werbemaßnahmen dafür sind Wasserfontänen, die aus Schläuchen oder Rohren spritzen. Wasserverschwendung ist das hingegen kaum, das Nass rinnt so oder so den Berg hinab in den nächsten Fluss. Mehr zu denken gibt schon eher das Öl, das nach der Motorwäsche den Fluss begleiten wird. Andere Erwachsene oder auch Kinder betätigen sich als freiwillige Bauarbeiter zur Arbeitsbeschaffung. Schadhafte Stellen in der Straße (es gibt reichlich davon) werden mit einer Schaufel, Steinen und Erde ausgebessert, und nicht wenige Lkw-Fahrer werfen zum Dank ein paar Münzen aus dem Fenster.

Zu beiden Seiten der Stadt Cajamarca staut sich der Verkehr kilometerweit. Eine Brücke ist statisch instabil und darf nur noch einspurig befahren werden. Wir müssen eineinhalb Stunden warten. In Staus muss man sich nicht sorgen, zu verdursten oder zu verhungern. Die Einheimischen sind in solchen Situationen immer recht fix und kommen von wer-weiß-woher mit einer Eisbox voll kalter Getränke, Bananenchips, Erdnüssen, Früchten, Obstsalat mit Sahne oder Arequipe, einer plombenziehersüßen Karamellcreme aus Milch, Zucker und Honig, die schmeckt wie eine Packung Werthers Echte in Puddingform. Im Ort stehen wir lange genug vor Bäckereien herum, um uns an den Backwaren zu versuchen. In Kolumbien gibt es so gut wie nichts ohne Käse, einem schnittfähigen, nur wenig gesalzenen Frischkäse: Er wird in den Hefezopf eingebacken oder in die Plunder mit eingelegten Feigen und Karamellcreme. Fruchtsalat und Cremespeisen werden genauso mit Käse serviert wie eine Tasse heiße Schokolade oder gezuckerter Kaffee, zu dem man ein Quesillo erhält. Das ist eine dicke Scheibe Käse, die in ein Bananenblatt eingewickelt, darin geschmolzen wurde und wieder erkaltet ist.

So ein Heißgetränk kann man hin und wieder gut gebrauchen. Im Südwesten Kolumbiens entstehen drei Andenkordillieren mit vereisten Gipfeln bis 5500 m, die schon erwähnten West-, Zentral- und Ostkordillieren, bei deren Überquerung die Straßen regelmäßig zugig-kalte 3.000 bis 4.000 m Höhe erreichen. Auch Kolumbiens Hauptstadt Bogotá mit rund 9 Mio. Einwohnern liegt auf 2.600 m Höhe. Doch um diesen Moloch schlagen wir einen Bogen. Die grünen Täler dazwischen liegen auf wenig mehr als Meeresniveau, so wie die Stadt Neiva. Bis hierhin war die Tatacoa-Wüste bestens ausgeschildert, solange es geradeaus ging. Als in der Stadt Abbiegevorgänge nötig werden, hat man die Schilder großzügig weggelassen. Ein Motorradfahrer, ein freundlicher Taxilenker und schließlich ein Reisebüroinhaber, der in Deutschland studierte, fahren jeweils eine zeitlang vor uns her, den Weg weisend. Als wir das Dorf Villavieja und dann die Tatacoa-Wüste erreichen, ist es schon lange dunkel, aber am Observatorium brennt noch Licht. Der laufende Generator ist uns zu laut, daher parken wir auf der gegenüberliegenden Seite (kostenlos, WC / kalte Duschen gegen kleine Gebühr): N 03°14’02.2’’ W 75°10’13.5’’

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