Las Lajas, Kolumbien – Schnee in Kolumbien

Wir sehen aus dem Fenster und alles ist weiß. Ist das der Beweis, dass in diesem Land Koks auf der Straße liegt? Wohl weniger. Ein dramatisches Gewitter mit lang anhaltendem Hagelschauer lässt die Temperatur von knapp 30° am heißen Vormittag auf 8° hinunter plumpsen. Das nennt sich Tageszeitenklima. Alle Jahreszeiten an einem einzigen Tag, typisch äquatoriales Hochlandklima. Immerhin befinden wir uns auf 2.739 m – das ist fast so viel wie auf dem Gipfel von Deutschlands höchstem Berg, der Zugspitze. Wir stehen nach wie vor auf dem Parkplatz oberhalb des Wallfahrtsortes Las Lajas. Jörg hatte für einige Tage ein undefinierbares Nachmittagsfieber ohne weitere Symptome, was uns am Weiterfahren hinderte. Eine dieser seltsamen von Mücken übertragenen Virenerkrankungen, die ebenso schnell verschwinden, wie sie gekommen sind? Vorsichtshalber backe ich einen Genesungskuchen und hebe damit mein jahrelanges Kuchenembargo auf. Was auch immer geholfen hat, jedenfalls sind wir jetzt bereit zum Weiterreisen.

Der Parkplatz wird immer wieder von Bussen mit Wallfahrern besucht, besonders am Wochenende. Dann taucht auch der Parkplatzwächter auf, der die Parkgebühren kassiert. Wir aber bleiben unbehelligt. Außer einem kleinen Schwätzchen will der Mann nichts von uns. Erstaunlich. Etwas oberhalb des Parkplatzes lebt eine Familie, die einen Wasseranschluss besitzt und uns freundlicherweise mit Trinkwasser für unseren Tank versorgt. Beim Auftanken heute Morgen – wir wollen für die Weiterfahrt gerüstet sein – unterhalten wir uns mit dem erwachsenen Sohn des Hauses, der tagsüber Autos auf dem Parkplatz wäscht, unter anderem über die Notwendigkeit, Spanisch zu lernen, wenn man individuell diesen Teil der Welt bereist.

Eine immer wieder kehrende Frage ist, ob Spanisch schwer zu erlernen sei. Die Grammatik ist schwierig, erkläre ich ihm, viel schwieriger als im Englischen. Er stutzt: Aber sei denn Deutsch nicht dasselbe wie Englisch, würde nicht das unsere Muttersprache sein? Abgesehen von der etwas bedenklichen Bildungslücke des jungen Mannes bringt er zum Ausdruck, was wir schon oft erlebt haben: Spricht ein Lateinamerikaner eine weitere Sprache (meist Englisch), ist das eine grandiose Errungenschaft. Von einem Touristen wird das so selbstverständlich angenommen, dass es wohl seine Muttersprache sein muss. Dass es für uns möglicherweise mit den gleichen Schwierigkeiten verbunden ist, eine fremde Sprache (auch Englisch) zu erlernen, kommt ihnen nicht in den Sinn. Um es auf den Punkt zu bringen: Alle Nicht-Lateinamerikanier sind Gringos, und alle Gringos sprechen Englisch. Schöne, einfache Welt.

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