Mompiche, Ecuador – Der Fluch der erfolgreichen Aquakultur

Angel ist ein Goldstück. Er lädt uns noch einmal zum Bauernfrühstück ein, als er mit seiner 14-köpfigen amerikanischen Besuchergruppe zur Kaffeepause hereinkommt. Dann müssen wir aber wirklich los, der Weg hinunter an die Pazifikküste ist weit. Ecuador ist etwa so groß wie die alte Bundesrepublik, hat aber nur 14,5 Mio. Einwohner, wovon sogar 3 Mio. im Ausland leben. Aufgrund seiner topografischen Gestalt gilt es als eines der variantenreichsten Länder der Erde. Das Höhenprofil bedingt, dass fast sämtliche Klimazonen vertreten sind: Die Tierra Caliente ist das tropische „heiße Land“ der Pazifikküste und des Amazonasbeckens bis etwa 1000 m Höhe. Die Tierra Templada stellt das „lauwarme Land“ mit subtropischem Klima bis 2000 m dar, während die „kalte“ Tierra Fria bis 3000 m gemäßigtes Klima aufweist. Bis ungefähr 4800 m bildet die Tierra Helada das kalte „eisige“ Hochland, und ab da herrscht in der Tierra Nevada der ewige Winter des „Schneelandes“. Im „vertikalen“ Land Ecuador kommt es also fast ausschließlich auf die Höhenlage an, in welcher Klimazone man sich befindet. Heute ist uns nach Tropen.

In Mompiche in der Provinz Esmeraldas bekommen wir heute unseren Privatstrand. Das kam so: Walt und Lidia, ein Paar aus Kalifornien, hatte unsere Website gefunden und uns zu sich eingeladen. Da waren wir leider schon in Mexiko, doch stattdessen boten sie an, ihren Sohn und Schwiegertochter in Ecuador zu besuchen, Geburtsort von Lidia und für sechs Jahre die Heimat der beiden. Sohn Ron ist leider gerade verreist, aber wir suchen dessen Frau Monica im Dorf Mompiche. Nachdem uns eine ganze Reihe der befragten überwiegend schwarzen Einwohner scheel, ja fast bösartig angesehen hat, verrät uns ihre skeptische Mutter, wo wir sie finden. Es herrscht eine seltsame feindselige Stimmung in diesem Ort, aber Monica ist ein Schatz, und nachdem wir sie mehrfach durchs Städtele gefahren haben, ist plötzlich alles anders: Die Leute winken, manche lächeln sogar, wenn auch lange noch nicht alle.

Mompiche soll den schönsten Strand des ecuadorianischen Festlands besitzen, trägt aber sonst den Ruf, nicht der sicherste Ort zu sein. Nachts spazieren zu gehen sei weniger empfehlenswert. Monica besitzt ein einsames Grundstück irgendwo mitten am sieben Kilometer langen grauen Pazifikstrand. Es sei sicher, meint sie, und wenn etwas vorkomme, würde man den Schuldigen schon finden. Wir glauben ihr, was sollen wir auch tun, und genießen die Einsamkeit des Strandes. Der ist bei Flut fast verschwunden und dann unpassierbar, aber bei Ebbe breit und fest, dass nicht nur Autos, sondern auch Mopeds und sogar Fahrräder hier entlang fahren. Das Wasser hat erträgliche, für Südamerikaner aber lauschige 25° und ist einer der wärmsten Spots an der Westküste.

Etliche der Einwohner von Mompiche leben mittlerweile vom Tourismus, wenn auch längst nicht alle. Surfer und Backpacker sind häufig gesehene Gäste. Ein Gutteil der Küstenbewohner ist arbeitslos, was die Kriminalität mal wieder erklärt. Einer der Gründe, wenn auch nicht der einzige, ist die Formel „Viele Shrimps = wenige Fische“. Schon auf der Herfahrt sind uns Unmengen von Aquakulturen in den Buchten aufgefallen. Leider ist die Aufzucht der Schalentiere extrem wenig personalintensiv, sodass der Großteil der Bewohner keine Arbeit erhält. Dazu kommt, dass die zahlreichen wertvollen Mangrovenwälder den Shrimpszuchten weichen mussten. Unglücklicherweise sind diese die Kinderstube von vielen Fischen. Und so gibt es kaum noch Fische, die gefangen werden können. Eine Trendwende hat mittlerweile eingesetzt, der Wert der Mangrovenwälder wurde erkannt und ihre Restbestände geschützt, ja es gibt sogar Wiederaufforstung.

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