Cuenca, Ecuador – Brennende Puppen: Silvester in Ecuador

Die Puppe geht in Flammen auf. Brennt sie nicht richtig, stochert man etwas in ihrem gefüllten Leib herum, um das Feuer anzuheizen. An der nächsten Ecke denkt man praktischer und nutzt Benzin als Brandbeschleuniger. Augenblicklich flackert das Weichteil lichterloh. Die Verbrennung von lebensgroßen Stoffpuppen am Silvesterabend hat in Ecuador lange Tradition. Sie symbolisieren das Schlechte des vergangenen Jahres, das nun verbrannt und damit vernichtet wird. Im nächsten Jahr soll es besser werden. Dass die Puppen manchmal Ähnlichkeit mit lebenden Männern oder Frauen aus demselben Stadtviertel haben, ist durchaus beabsichtigt. Naturgemäß handelt es sich um die Person, die sich im abgelaufenen Jahr am unbeliebtesten gemacht hat durch Habgier, Neid, Betrug, Boshaftigkeit oder andere Unsitten. Die Stoffpuppen kann man heute bereits Tage vor Silvester an Straßenständen kaufen und muss sie nur noch entsprechend anziehen und dekorieren.

Besonders um Mitternacht, aber auch davor und danach, geht wie bei uns auch ein halbes Vermögen in Rauch und Flammen auf – in Form von Silvesterraketen, Böllern und Knallern. Je mehr Lärm desto besser. Schon bald liegt eine dichte Rauchglocke über der Halb-Millionen-Stadt Cuenca. Auch wir feuern ein paar Raketen ab. Die bunten Großpackungen made in China waren uns zu teuer, so erstanden wir ein Bündel heimgefertigter Raketen aus Bambusrohr, Zeitungspapier, einer bedenklich kurzen Zündschnur und einer unbekannten Schwarzpulvermischung. Nach dem Anzünden muss man schnell rennen können, aber ihre Beschleunigungsleistung und Flugkurve begeistern uns wie die helle Explosion und der laute Knall.

Beliebt bei Einheimischen sind auch Kostümpartys, wo sich Erwachsene wie beim Kinderfasching in fantasievolle und aufwändige Kostüme kleiden. Bei uns geht es etwas ruhiger zu. Jo bäckt knusprige Silvesterkrapfen. Später kocht Ray für uns ein reiches asiatisches Dinner, und wir vergnügen uns mit Sekt, Wein, dem Beobachten des städtischen Feuerwerks von unserem erhöhten Standpunkt aus und dem Hundesitten von Marios Dogge, die die Knallerei zunächst erstaunlich gut übersteht, letztendlich dann aber doch verstört die Toilettentüre bewacht.

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