Kuélap, Peru – Die Festung der Rundhäuser

Das größte Bauwerk Südamerikas soll es sein. Für seinen Bau sollen mehr Steine verwendet worden sein als für die ägyptische Cheops-Pyramide. In seiner Erhabenheit werde es nur von Macchu Picchu übertroffen. Ohne Macchu Picchu (noch) zu kennen, melden wir zumindest Zweifel an. Kuélap ist sicher eine imposante Festung, eine interessante und sehenswerte Ausgrabung, ob sie aber dem Inka-Prunkstück das Wasser reichen kann, sei dahingestellt. Erbaut zwischen 1200 vor und 900 nach Christus von der Chachapoyas-Kultur, über die relativ wenig bekannt ist, konnte die hervorragend befestigte Anlage von den Inkas nie eingenommen werden. Zwar besiegten sie andere Chachapoyas-Städte, unterwarfen die Kultur aber nie vollständig. Demzufolge taten sich die Chachapoyas mit den eindringenden Spaniern zusammen und verrieten die Inkas, wie viele andere unterworfene Völker. Ob ihnen das im Endeffekt besser bekam, ist fraglich.
Kuélap wurde auf einem 3100 m hohen Felsplateau mit weitem Blick in die Umgebung errichtet. Das 700 m lange ovale Fort ist von einer bis zu 12 m hohen Mauer umgeben. Lediglich drei schmale Eingänge führen ins Innere – ein geniales Sicherungssystem, das Eindringliche zu leichten Opfern machte. Die Anlage beheimatete 400 kreisrunde Steinhäuser innerhalb der Festungsmauern, in denen etwa 3500 Menschen gelebt haben sollen. Einige der Häuser sind mit geometrischen Mustern verziert. Eines der Rundhäuser, von denen sonst nur Mauerreste vorhanden sind, wurde von Archäologen rekonstruiert samt des extrem steilen Strohdachs, das die starken Regenfälle ableiten musste. Ein Beobachtungsturm und ein umgekehrt konisches Gebäude, das vermutlich Tieropferungen diente, sind die auffälligsten architektonischen Strukturen zwischen den mit Nebelwald und Bromelien überwucherten Ruinen, die wie ein verwunschener Garten wirken. Am Boden wachsen bekannte Lupinen, Klee und Butterblümchen.
Der Eintrittspreis für die Ausgrabung wurde kürzlich für Einheimische wie Ausländer gleichermaßen in den meisten Anlagen auf 10 PEN gesenkt. Führer stehen auf Wunsch beim Kassenhäuschen meist zur Verfügung. Von hier bis zum Eingang der Anlage läuft man etwa 2,5 km bergauf. Allzu viele Touristen besuchen die Anlage noch nicht. Zurück auf dem Parkplatz lernen wir, wie die lokale Bevölkerung des etwas tiefer liegenden Dorfs sich in diesem abgelegenen Teil Perus versorgt. Einmal die Woche kommt ein Lkw mit Lebensmitteln zum Parkplatz an den Ruinen, der einzigen flachen Stelle in weitem Umkreis. Das ganze Dorf ist in Aufruhr, und so will auch ich wissen, was es zu kaufen gibt. „Alles“, erhalte ich zur Antwort. Na, dann wollen wir mal sehen. Als Gemüse gibt es Tomaten und Zwiebeln. Punkt. Cola und andere Süßgetränke hat es dagegen reichlich, ich erstehe lieber ein paar Flaschen Bier. Grundnahrungsmittel wie Nudeln und Reis, Seife und Zahnpasta gibt es aber durchaus. Nur Schokolade hat der Lieferwagen diesmal keine mitgebracht, wie die Dorfmädels enttäuscht feststellen.
Die Peruaner scheinen nicht so die ganz großen Leuchten bei Autofahren zu sein. Sie sausen auf den engen Erdpisten of herum, als wären sie alleine unterwegs. Die Mutigen von ihnen hupen frech, wenn sie uns entgegenkommen, dass wir mit unserem Dicken zu Seite fahren sollen. So etwas wie Rücksicht oder Respekt vor dem größeren Fahrzeug gibt es kaum. Die Angsthasen machen eine Vollbremsung, bleiben mitten auf der Straße stehen und kneifen die Augen zu, um das Unglück nicht mit ansehen zu müssen. Selbst der Lkw-Fahrer, der die Strecke sicher öfters fährt, legt wenig Geschick an den Tag. Beim Wenden fährt er so tief ins Gras, dass die Räder durchzudrehen beginnen.
Anstatt sofort den Vorwärtsgang einzulegen, fährt er weiter rückwärts, gräbt sich tiefer in den Schlamm und rutscht auf der schrägen Wiese schließlich langsam ab. Eine andere Idee, als immer mehr Gas zu geben, kommt ihm nicht. Als ein paar Leute zu schieben beginnen, ist es längst zu spät. Nach einer halben Stunde klopft der Fahrer an die Türe, ob wir ihn vielleicht rausziehen könnten. Können wir, aber es dauert 20 Minuten, den Camper aufzuräumen und fahrfertig zu bekommen. Vielleicht könnte er ja in der Zwischenzeit Sand und Steine unter die Räder schaufeln und versuchen, so rauszukommen? Das hilft sogar, aber beim Herunterfahren von der Wiese ist der Lkw so flott, dass der Fahrer – vor Überraschung? Vor Schreck? – auf der anderen Seite des Weges in den Graben fährt und das Gefährt fast noch umschmeißt. Die Helden der Piste.

Leave a Reply

You must be logged in to post a comment.