Cajamarca, Peru – Weißwürste und Otuzcos Begräbnisfenster

Starren – das ist auch etwas, das dieses Volk prima kann. Kleine Grüppchen bilden sich, stellen sich mit höchstens zwei Meter Abstand vors Auto und glotzen. Sie unterhalten sich nicht, auch nicht miteinander, sondern begaffen das achte Weltwunder der Neuzeit. Sind sie fertig – das kann eine Weile dauern – gehen sie wortlos davon. Dieses Eindringen in die persönliche Intimsphäre ist nicht immer leicht zu ertragen. Peru ist kein einfaches Reiseland für Hellhäutige.
Nach einer Woche im Land – der letzte Großeinkauf liegt schon länger zurück – müssen wir aufstocken. In Cajamarca folgen wir den Mi Metro-Schildern und landen an einer scheunentorgroßen Einfahrt ohne Balken vor einem riesigen Parkplatz, der zu 5 % belegt ist (S 07°08’58.6’’ W 78°30’31.3’’): Perfekt, denke ich doch der Sicherheitsmann will uns nicht reinlassen. Unser Auto wäre zu groß. Bitte? Lächerlich ist, dass zwei Reihen weiter ein Dodge RAM parkt, dessen Grundfläche größer ist als unsere. Unser Wohnmobil ist zwar hoch, erkläre ich dem Parkplatzwächter, aber weder besonders breit noch lang. Ein normaler Parkplatz genüge uns. „Das Auto ist zu groß.“
Ich bin geringfügig erbost und verberge das nicht. Der Wachmann darf das ruhig wissen. Ich steige aus: „Wir sind Reisende und möchten Lebensmittel kaufen.“ Geringfügig erboste 1,77 m können durchaus überzeugend sein, wenn man nur 1,50 ist. Mit Hut. Wir können rein.
Der Supermarkt wirkt riesig, aber viel Auswahl gibt es in den weiten Reihen nicht. Selbst an Basisdingen wie Müsli, Dosentomaten oder Cola light hapert es. Dafür bleibt uns in der Feinkostabteilung die Spucke weg. Ein reichhaltiges Sortiment an Wurst und bezahlbarem Käse, wie wir es seit Mexiko nicht mehr gesehen haben, überwältigt uns. Im Regal stehen Rotkohl, Rote-Beete-Kugeln und Hausmachersenf deutscher Hersteller. Wozu man Hausmachersenf benötigt, wird schnell klar: zu den Weißwürsten. Die Salchicha Blanca kosten atemberaubende 1 € das Stück. Trotzdem: Unser Widerstand ist bereits gebrochen, und am Abend werden wir feststellen, dass die Würste aussehen, riechen und schmecken wie die Originale, und zwar frisch und vom Feinsten.
Spannend finde ich, dass des Cocamehl zu kaufen gibt. Später ärgere ich mich, es nicht genommen zu haben. Coca ist in Peru absolut legal. Da hätte ich doch mal ein paar anregende Plätzchen backen können. Oder wie wär’s mit einem Cocabrot? Allerdings ist Coca (z.B. als Tee) höchstens für einen verstimmten Magen gut, er soll gegen Hungergefühl, Kälte und Höhenkrankheit gut sein. Eine weitergehende Wirkung ist dem Kräutertee ohne chemische Behandlung nicht abzugewinnen. Genauso ungewöhnlich ist das Nationalgetränk Inca Kola, das außer dem Nachnamen und dem Zuckergehalt nichts mit dem nordamerikanischen Zahnkiller gemein hat. Das nukleargelbe Gebräu mit Kaugummigeschmack kann man am ehesten mit Almdudler vergleichen.
Obwohl es einige günstige Waren (Brot, Käse, Gemüse, Obst) gibt, ist das Preisgefüge nicht ganz niedrig. Wir müssen tanken. Die Preise im Land sind nicht einheitlich, aber große Unterschiede gibt es kaum. Heute zahlen wir 14,45 PEN pro Gallone, das entspricht 1,03 € pro Liter, wie erwähnt das Fünffache des Preises in Ecuador.
Cajamarca selbst mag für Leute, die seit Mexiko noch nicht genügend koloniale Städte gesehen haben, einen gewissen Reiz besitzen. Die bedeutendste archäologische Fundstätte im Raum jedoch ist Otuzco, rund acht Kilometer nördlich der Stadt (S 07°07’35.4’’ W 78°27’25.1’’). Hier wurden viele kleine Fensternischen in den Fels gehauen, daher der Name Ventanillas de Otuzco, Fensterchen von Otuzco. Der Ort diente vor 1400 Jahren vermutlich als Begräbnisstätte. Der Eintritt beträgt 5 PEN pP.
Wegen des anhaltenden Regens entscheiden wir uns, die Asphaltstraße nach Trujillo am Pazifik zu nehmen statt der Piste durch die Berge. Die Gefahr von Erdrutschen ist noch immer präsent und die Fernsicht gleich Null. Auf dem Weg zur Küste halten wir auf irgendeinem schlammigen Parkplatz an, um zu übernachten: bei Contumaza, S 07°16’15.2’’ W 78°37’22.5’’.

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