Cañon del Pato, Peru – Ein Reisehighlight

Es wird steiniger, trockener und heißer. Baumwolle wird hier angebaut und Chilis, die spätestens seit Ecuador Ají heißen, außerdem Reis und Wassermelonen. Die Dörfer sind teils so arm, dass sie sich keine Lehm-, geschweige denn gebrannte Ziegel leisten können. Die Häuser bestehen hier lediglich aus Bastmatten – das Klima erlaubt derartige Bauweise. Langsam folgt die Straße dem Rio Santa flussaufwärts in Richtung Anden, immer unwirtlicher und unfruchtbarer wird der Grund, bis die Vegetation völlig verschwindet. Vermutlich kann der Fluss nicht zum Bewässern genutzt werden. Aufgrund umfangreicher Minentätigkeiten gilt er als hochgradig verschmutzt. Ob die eklige schlammbraune Farbe damit zu tun hat, ist uns nicht bekannt.

Spätestens im Ort Chuquicara kann man sich an der Polizeikontrolle nochmals nach den Straßenverhältnissen erkundigen. 70 Asphaltkilometer nach Verlassen der PanAm startet hier eine staubige Schotterpiste für die nächsten 77 km. Sie wird auch von Bussen und Schwerlastfahrzeugen der Minen benutzt, daher sind Breite, Zustand, Höhe der Tunnel und Tragfähigkeit der abenteuerlichen Holzbrücken entsprechend. Etwas Bodenfreiheit und Resistenz gegen Holperpisten kann bei Wohnmobilfahrern nicht schaden.

Immer enger wird die Schlucht, die sich Straße und Fluss teilen. Die Windstärke nimmt zu, wo soll der heiße Küstenwind auch hin. Stockdustere Tunnel wurden grob von Hand in den Stein getrieben, um Platz für die Straße zu schaffen. Die Berge dazwischen leuchten in den schönsten Braun-, Rot- und Gelbtönen. Erst bei 1000 Höhenmetern lässt sich wieder erste Vegetation blicken. Es wird kühler und feuchter. Das Flusstal knickt nach Süden ab zwischen zwei Andenketten: die westliche Cordillera Negra und die östliche Cordillera Blanca. Unser Ziel ist der Nationalpark Huascarán, spektakulärstes Berggebiet Perus mit den höchsten Gipfeln in enormer Dichte, Vorzeige-Bergsteigergebiet und 1A-Touristenziel.

Zunächst aber führt die Straße durch den Cañon del Pato, die Entenschlucht, wo sich die beiden Kordilleren bis auf 15 m nähern mit bis zu 1000 m hochragenden Wänden. Da hier kaum Platz für eine Straße blieb, wurden insgesamt 35 Tunnel in den Berg gehauen. Die einspurigen kurvigen Höhlen sind äußerst spannend, da man eventuellen Gegenverkehr vor dem Einfahren nicht ausmachen kann. Hupen heißt die Devise. Leider erlauben zwischen den Tunneln nur kurze Unterbrechungen Ausblicke in den Canyon. Ausweichstellen gibt es nur wenige, die ein Anhalten erlauben würden.

Jörg hat sämtliche Scheinwerfer inklusive der vier Fernscheinwerfer auf dem Dach eingeschaltet, damit wir gesehen werden. Ein entgegenkommender Pkw-Fahrer ignoriert standhaft sämtliche Ausweichstellen, obwohl wir bergauf fahren und das größere Fahrzeug besitzen. Jörgs Geduld mit peruanischen Fahrern schwindet. Erst als wir Stoßstange an Stoßstange gegenüberstehen, hebt er bittend die Arme, wir sollen ihn nicht über den Haufen fahren. Rückwärtsgang einlegen macht mehr Sinn. Ob der Fahrer tatsächlich nur doof bis zwei Meter vor seine Stoßstange schaut oder nach dem Motto: „Ich hab’n’fettes SUV, soll doch der blöde Lkw abhauen“ handelt, wissen wir nicht.

Nachdem uns kurze Zeit später ein Taxifahrer in einer ähnlichen Situation begegnet und der Nationalparkwächter zum Abschluss des Tages meine Fragen zwar freundlich beantwortet, mich aber sonst deutlich merken lässt, dass er seine Nase zwei Stufen höher trägt als ich, muss ich einfach mal zugeben: Peruaner machen es mir nicht ganz einfach, sie aus vollstem Herzen liebenswert zu finden.
Der Sektor Lagunas Llanganuco des Huarascán Nationalparks ist von Yungay aus über eine 17 km lange raue, aber breite Piste zu erreichen. Auf dem Parkplatz vor dem Parkeingang kann man kostenlos campen, man sollte aber den Wächter um Erlaubnis fragen (S 09°06’22.2’’ W 77°41’01.3’’).

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