Monterrey, Peru – Die Katastrophe von 1970

Es sollte ein Unglückstag werden, dieser 31. Mai 1970, ein schwarzer Tag in Perus jüngerer Geschichte. Am Ende dieses Tages mussten 70.000 Tote beklagt werden, große Teile Zentralperus waren zerstört worden. Ein Erdbeben der Stärke 7,7 auf der Richterskala erschütterte die Cordillera Blanca. Huaráz, ein charmantes indigenes Städtchen mit 30.000 Einwohnern, hatte sehr enge Straßen gehabt. Mit den Jahren waren die Menschen mutig geworden und hatten zwei- oder gar dreistöckige Häuser gebaut, ohne groß über Statik nachzudenken. „Ich spürte das Grollen, ich sah, wie die Erde sich bewegte, ich sah die Gebäude zusammenfallen wie Kartenhäuser, aber bei uns passierte nichts.“ José beobachtete das Ereignis aus nur wenigen Kilometern Entfernung. Egal mit wem wir hier reden, das Beben von vor über 40 Jahren ist allen noch glasklar im Gedächtnis und das Bedürfnis groß, sich das Erlebte von der Seele zu reden.

So viel Glück wie Monterrey hatte Huaráz nicht. Die Stadt wurde bis auf zehn Prozent zerstört, die Hälfte der Einwohner kam in den engen Straßen unter den Trümmern ums Leben. Viele andere Dörfer blieben wie durch ein Wunder verschont, während die Nachbarorte der Katastrophe zum Opfer fielen. Später stellte sich heraus, dass einige der überlebenden Siedlungen in ehemaligen Flussbetten gebaut waren. Der darunter liegende Sand hatte das Erdbeben abgepuffert. Auch Yungay, 60 km nördlich von Huaráz, wurde nicht durch das Beben zerstört. Es fühlte sich auch sonst sicher, geschützt vor Lawinen durch einen vorgelagerten Berg, der es vom mächtigen Huascarán trennte. Doch es kam anders.

Das Erdbeben löste 15 Mio. m3 Granit und Eis vom Nordgipfel des Superberges. Die unvorstellbare Masse fiel mit über 300 km/h drei vertikale Kilometer hinunter, klatschte in einen See, den sie ebenfalls mitnahm, und raste weiter auf das 14 km entfernte Yungay zu. Den vorgelagerten Berg fegte die Lawine einfach weg und begrub das Dorf mit seinen 18.000 Einwohnern. Das herannahende Grollen hatten alle vernommen, doch nur wenige waren in der Lage, sich auf den Friedhofshügel, der wie ein Wunder stehen blieb, zu retten. Es sollten die einzigen Überlebenden sein. Heute ziert eine Heiligenfigur den Hügel, die Hände flehend in Richtung Huascarán erhoben.

„Familie, Verwandte kamen von überall her und rückten mit Schaufeln an, ihre Toten auszugraben. Die Regierung wartete, bis es nicht mehr ging, bis der Gestank unerträglich wurde. Dann kamen die Bagger.“ Marco weiß noch mehr zu berichten: „Mit Flugzeugen wurde DDT gespritzt – wegen der Seuchengefahr. Tausende von Tieren kamen ums Leben. Die Vögel kehrten zurück, viele andere nicht.“

Yungay steht heute zwei Kilometer weiter nördlich, und auch Huaráz wurde wieder aufgebaut. Hässlich zwar, in der zweckmäßigen Architektur der 70er Jahre, und das mit wenig Geld, aber die Überlebenden haben wieder eine Heimat. Immer noch sprenkeln hausgroße Felsbrocken als Erinnerung an das Jahrhundertbeben die Landschaft. „Die noch größeren“, erzählt Marco, „wurden zerteilt. Daraus bauten wir die neuen Häuser.“

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